Stellwerk Magazin

The PhotoBookMuseum

Vorwort

Am 19. August feierte die Fotografie ihren 175. Geburtstag und das PhotoBookMuseum in Köln seine Eröffnung. Das Projekt ist weltweit das erste Museum, das sich ausschließlich dem Fotobuch widmet. In den Hallen der Mühlheimer Carlswerke zeigt Initiator Markus Schaden den Wert dieser Kunstform.

Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Oktober zu sehen. Das Tagesticket gibt es für 10 Euro, Studenten dürfen für die Hälfte rein.

The PhotoBookMuseum

Es ist dieser derbe, kalte Industriecharme, welcher auf magische Weise flaues Unbehagen und sanftes Wohlgefühl gleichzeitig auslöst. Grelle Neonröhren leuchten an den Decken, der Boden ist aus rohem Beton. Die alte Fabrikhalle auf dem Gelände der Carlswerke in Köln-Mühlheim, ganz am Ende des weitläufigen Geländes, nimmt alles in sich auf: Container und Kisten, Stellwände und Kabinette, Dunkelkammer und camera obscura. Jeder Behälter, jede Station zeigt eine Ausstellung. Dreißig Ausstellungen sind es insgesamt, die die Hommage auf ein Medium bilden, das sich mittlerweile in die Garde ruhmwürdiger Kunstformen reiht: das Fotobuch.

The PhotoBookMuseum

Zum Jubiläum der Fotografie eröffnet der Kölner Verleger, Buchhändler und Sammler Markus Schaden das weltweit erste Museum, das sich dieser noch sehr jungen Kunstform widmet: The PhotoBookMuseum. Anders als ein Bildband ist das Fotobuch mehr als die bloße Aneinanderreihung von Motiven. Erst die Konzeption und Kombination mit Text, Graphik, Papier, Bindung lassen daraus ein Kunstwerk entstehen. Angetrieben vom technischen Fortschritt entwickelte sich das Fotobuch vom Medium der Wissensvermittlung zu einer autonomen Form von Kunst. Kein Festival, ja beinahe kein Museum kann sich dem Paradigmenwechsel mehr entziehen. Selbst Häuser wie die Londoner Tate Modern und das Museum of Fine Art in Housten schaffen sich Fotobücher an, um im Strom mitschwimmen zu können.

Der Parcours führt den Besucher auf eine Bildreise, die viele Variationen des Fotobuchs reflektiert. Der Brite Julian Germain blättert die Geschichte privater Alben durch, Martin Parr präsentiert eine Sammlung wichtiger Fotobücher zum Thema Protest und der deutsche Fotograf Hans Jürgen Raabe zieht Zwischenbilanz zu seinem Projekt "990 Faces". Raabe möchte innerhalb von zehn Jahren 990 Menschen an 33 Orten ablichten. An jedem Ort macht er dafür 30 Porträtfotos und zehn sogenannte Stills – Detailaufnahmen, die den Ort zwar erspüren, aber dennoch nicht auf den ersten Blick erkennen lassen. Die Arbeiten an dem Projekt nahm er 2010 auf, bisher schoss er mehr als 300 Aufnahmen. Im PhotoBookMueseum werden Raabes Arbeiten über eine großen LED-Installation in die Ausstellungshalle übertragen.

The PhotoBookMuseum

Markus Schaden möchte zeigen, dass Fotobücher eine ganz eigene Sprache sprechen. Das Museum soll dem Medium Raum bieten, seine formalen, inhaltlichen und erzählerischen Eigenschaften auch einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Bis auf einige wenige Ausnahmen liegen sämtliche Ausstellungsstücke frei. Keine verschlossenen Vitrinen, sondern Kunst zum Anfassen will Schaden den Besuchern bieten. Stundenlang kann man in verschiedensten Büchern blättern, bekommt ein Gefühl für deren Materialität. Nur so lässt sich die künstlerische Aussage in all ihren Facetten erfassen.

The PhotoBookMuseum

Die Eröffnung des PhotoBookMuseum fiel nicht durch Zufall auf den 19. August 2014. An jenem Spätsommertag vor 175 Jahren stellte Louis Daguerre in der Akademie der Wissenschaften in Paris das erste fotografische Verfahren vor: die Daguerreotypie. Seit einigen Jahrzehnten hat sich Köln den deutschen Spitzenplatz für Fotografie erarbeitet. August Sander, Hugo Schmöz, Chargesheimer – sie alle schufen in der Domstadt ihre größten Werke. Chargesheimer wurde im Untergeschoss Raum für sein letztes und auch bedeutendstes Fotobuch "Köln 5 Uhr 30" geschaffen. 1970 dokumentierte er dafür seine Heimatstadt, die, wie er selbst behauptete, durch den schnellen Wiederaufbau nach Ende des Zweiten Weltkrieges architektonisch ein zweites Mal zerstört wurde. Menschenleere Straßen, Bausünden, Betonwüsten – "Chargesheimer reloaded", wie die Initiatoren die Hommage an den Künstler tauften, rekonstruiert die Werke des Künstlers mit seinen Fotografien und Bildern von heute. Verlässt man die Halle und tritt wieder ans Tageslicht, durchfährt einen das Gefühl, gerade selbst aus einem Fotobuch, das man in den vergangenen Stunden eingehendst durchstöbert hat, zu verlassen.

Fotos: Daniel Zakharov

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