Stellwerk Magazin

popNRW-Preis "Danke für so gute Musik!" - der pop NRW-Preis 2016

Vorwort

Am 26. August war es mal wieder soweit: Im Rahmen der popNRW-Förderung für junge Musiker wurde der vom NRW KULTURsekretariat gestiftete popNRW-Preis verliehen. Der diesjährige Gewinneract der Kategorie Outstanding Artist, die Kölner Band Coma, konnte sich den mit 10.000 Euro dotierten Award sichern.

Seit 2012 wird der popNRW-Preis jährlich verliehen und unter den vorherigen Gewinnern finden sich Acts wie Stabil Elite, ΩRACLES oder Von Spar. Auch Zweit- und Drittplatzierte werden von der Jury durch weitere Förderpreise geehrt. Die Jurymitglieder dieses Jahr waren Dr. Christian Esch, Tess Rochholz, Andrea Rothaug, Matthias Kurth, Dr. Ela Matthey, Simone Sohn, Wolfgang Stach, Carsten Helmich und Klaus Fiehe – also vom Booker zum Musikjournalist quer Beet durchs Musikbusiness.

In diesem Jahr fiel die Qual der Wahl in der Kategorie Newcomer (etwas) eindeutiger aus, als beim Outstanding Artist, aber dennoch war das Spektrum an musikalischer Vielfalt enorm: Suzan Köcher, die Blackberries und die Giant Rooks nahmen die ersten drei Plätze ein, wobei letztere den Award, der mit 2.500 Euro dotiert ist, mit Heim nehmen durften. Die Giant Rooks aus Hamm fühlten sich ganz geehrt, bevor sie mit ihrem jungen und wachen Charme den Saal mit einigen Songs unterhielten. Offen, perfektionistisch und für so junge Künstler unwahrscheinlich ausgereift in ihrem Auftreten; nicht wirklich verwunderlich, dass die Jury hier ein Potential erkennt, das sich zu fördern lohnt. Mit "Småland" ließen sie 2015 erstmals sehr schnell sehr viele Zuhörer die Luft anhalten, was ein Effekt ist, den man heute auf ihre Musik, Art Pop, zurückführen könnte (wenn man denn unbedingt kategorisieren will, was genau daran so herrlich ist). Die fünf Musiker wollen frei von Vergleichen betrachtet und angehört werden, weswegen sie sich, obgleich es um nur einen Gewinner ging, eher dem Motto anschließen: Leben und leben lassen!

Anti-Konkurrenz

Dieser harmonische anti-konkurrierende Gedanke findet sich auch bei den zweit- bzw. drittplatzierten Acts: Während die Blackberries schon seit nun acht Jahren psychedelischen Rock mit Einflüssen aus ganz Europa präsentieren – um die Genrezuweisung einfach zu halten - und 2012 das Debütalbum “Music For The Night” präsentieren konnten, ist Suzan Köcher wohl der Inbegriff einer Newcomerin. Ihr erstes und (leider) einziges auffindbares Video ist "Moon Bordeaux", welches erst am 29.05.2016 erschien. Ziemlich eindeutig, dass sie beeindruckt haben muss, da die Nominierung Anfang Juli bekannt gegeben wurde - was sie selbst überraschte. Neben dem musikalischen Mix aus traditionellen Einflüssen und neuen Ideen, die sie mit den Blackberries teilt, verbindet die beiden Acts auch die Heimat Solingen. In Anbracht dessen, was sich in diesem Örtchen so entwickelt, kann man nur sagen: Hut ab! Und zum Glück ist hier der Konkurrenzgedanke ins Gegenteil gekehrt. Denn mit dem Projekt, das Suzan Köcher und die Blackberries verbindet, Palace Fever, finden wir die beiden Acts mehr als geschmeidig vereint. Auf Nachfrage heißt es von den Autodidakten sogar: "Wir möchten einfach Musik machen, weil wir es lieben; wegen der Leidenschaft" - und das merkt man.

Ein breites Spektrum

Bei den Outstanding Artists divergierten die Genres noch stärker als bei den Newcomern, obwohl ja alle unter dem Deckmantel "Pop" gepriesen wurden. Wahrscheinlich ist dies auch der einzig richtige Weg, wenn elektronische Gute-Laune-Musik von Coma, zarte, warme, aber schwungvolle Töne von The Day und weite Sphären zwischen analog und digital von dem Flügel der Grandbrothers präsentiert werden sollen. Für diese Auswahl hier mal ein dickes DANKE. Während die Kölner Gewinner sich darüber freuten, nicht mehr als Newcomer verstanden zu werden und direkt mit 10.000 Euro und einer Gurke (eine Reminiszenz an das Video zum Song "Lora") von niemand Geringerem als Laudator Hans Nieswandt ausgezeichnet zu werden, erfüllten sie den Saal mit einigen Songklängen. Mehr oder minder neu war hierbei der Schlagzeuger, der das Produzentenduo jetzt auch live unterstützt. Was immer schon so war und auch so bleibt bei Coma: verdammt sympathisch, immer zwischen Genres und einfallsreich bis zum Abwinken.

Gute Musik ist einfach gute Musik

Neben dem Länder überschreitenden Duo The Day, die wohl am ehesten tatsächlich an Pop rankamen, waren es Grandbrothers, die mit ihrer Symbiose aus jeglichen Möglichkeiten eines Flügels für einen Aha-Effekt sorgten. Bei "Schade Schokolade" kommt einem der Gedanken auf, dass man das am 26.08. hätte live sehen können. Bei den Grandbrothers, die derzeit in Bochum und Wuppertal leben, bleibt die Tradition dieses imposanten Instruments erhalten und mit neuen tanzaktivierenden Elektrosounds kombiniert - tanzen, lauschen, träumen und abschweifen ist hier Programm. Die Limitierung auf das Instrument Flügel sorgte bei dem Duo für einen Einfallsreichtum, den man selten bei anderen vergleichbaren Acts wiederfinden kann. Dieser Anspruch ist nach Aussage der Künstler auch der Ansporn, neue Ideen umzusetzen, um das eigentlich freie Studienprojekt weiter zu formen, aus dem sich die Grandbrothers entwickelten.

Bei der Verleihung wurde immer wieder deutlich, dass gute Musik einfach gute Musik ist, egal inwiefern sie tatsächlich in dem Pop-Diskurs gehört werden kann. Gerade diese Anpassungsfähigkeit der Nominierten, und gerade der Gewinner, ermöglicht den Acts einen Zugang zu verschiedenen Feuilletons. Man kann sich nur auf die kommende, und wahrscheinlich fabelhafte Auswahl des nächsten Jahres freuen, damit wir wieder sagen können: Danke für so gute Musik!

Foto: © Landesmusikrat NRW

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