Stellwerk Magazin

artclub − Ein Raum für Idealisten


Vorwort

100 bildenden Künstlerinnen und Künstlern dient der artclub in der Melchiorstraße 14 als ständige Vertretung. Als Galerie und Künstlerforum präsentiert der artclub ein breites Spektrum künstlerischen Schaffens der freien Kunstszene in Köln und Umgebung - und das im Dezember bereits seit zehn Jahren. Das Konzept des artclubs unterscheidet sich jedoch stark von dem der klassischen Produzentengalerie.

Archivraum | artclub

Eine massive, weiß gestrichene Tür mit einem Guckloch in Form eines Bullauges. Dahinter ein großer, freundlicher lichtdurchfluteter Raum mit Neonröhren an der hohen Decke und einem großem Schaufenster, in dem Skulpturen und Objekte zu sehen sind. An den Wänden hängen Leinwände, Fotografien, Zeichnungen und Drucke verschiedenster Stilrichtungen. Durchquert man den ersten Raum, kommt man in einen zweiten: Über die ganze Wand erstreckt sich ein Meer von kunterbunten, kurios gestalteten Ordnern. Dahinter führt ein Flur, in dem weitere Bilder und Objekte ausgestellt sind, zu einer steilen Treppe − Kabinett und Basement steht auf einem Pfeil, der nach unten zeigt.

"Ebenso einfach wie genial"

Als ein neuartiges Galeriekonzept wurde der artclub 2006 im Agnesviertel in einem ehemaligen Spielsalon ins Leben gerufen. Die Galerie, die sich vor allem auch als Künstlerplattform versteht, besteht aus Kunstsammlung, Archiv, Künstlerclub und einem öffentlichen Veranstaltungsraum. Etwa hundert Mitgliedern − alle Künstler der freien Kunstszene − steht sie als ständige Vertretung und Präsentationsraum zur Verfügung. So bietet der artclub permanent einen querschnitthaften Überblick über mehr als zweihundert Kunstwerke, die bezüglich Inhalt, Technik und Genre ein breites Spektrum abdecken.

Initiator dieses Projekts ist der Konzeptkünstler Parzival, der selbst seit den 1980er Jahren kreativ tätig ist. Die konzeptuelle Gestaltung beschreibt er als "ebenso einfach wie genial": Durch einen geringen monatlichen Mitgliedsbeitrag können die Künstler alle sechs Wochen neue Werke in den zwei Gemeinschaftsräumen ausstellen. Dazu bekommen alle zwei Wochen drei Mitglieder die Möglichkeit, die drei kleineren Räume jeweils für Einzelausstellungen zu nutzen. Zudem hat jeder beteiligte Künstler eine Auswahl von Arbeitsproben im Archiv Aktiv ausgestellt − individuell gestaltete DIN A3-Ordner mit Fotos, Konzepten, Skizzen, Drucken, Texten, Biografien und Objekten, die frei für die Besucher im Ausstellungsraum einsehbar sind. Interessierte erhalten so über die ausgestellten Arbeiten hinausgehend einen Einblick in das Gesamtwerk des jeweiligen Künstlers.

Ein breites Programm

Außerhalb der regulären Öffnungszeiten veranstaltet der artclub neben Vernissagen und Finissagen noch andere Events: Performances, Lesungen, Konzerte, Theater und andere Aktionen sind Teil des öffentlichen Programms. "Im artclub wird nicht nur Kunst gezeigt, entscheidend ist vor allem die Interaktion der Künstler untereinander und mit den Besuchern", erklärt Parzival. "Unser oberstes Prinzip dabei ist die künstlerische Freiheit. Die Künstler und ihre Werke werden vom artclub vorgestellt. Zudem unterstützt der artclub bei der künstlerischen Organisation. Trotzdem können die Künstler völlig frei arbeiten und frei auswählen, welche ihrer Arbeiten sie zu den jeweiligen Gemeinschaftsausstellungen zur Verfügung stellen wollen. Hierbei gibt es keine Tabus." Lediglich ein weit gefasstes Schlagwort gibt die grobe Richtung der Ausstellung vor. Anfang September fand die dritte Vernissage der aktuellen Gemeinschaftsausstellung statt, die den Titel Sinnsibilisiert trägt. Präsentiert wurden unter anderem Fotoarbeiten, Holzskulpturen und Aquarellmalerei neben digital erstellter Pop-Art, Mixed-Media-Collagen und Wandplastiken.

Alles zugleich: Galerie, Archiv, Künstlerclub und Veranstaltungsraum

Durch die Kombination der vier Komponenten Galerie, Archiv, Künstlerclub und Veranstaltungsraum hat Parzival ein einzigartiges Galerieformat ins Leben gerufen, das kommenden Dezember bereits sein zehntes Jubiläum feiern wird. Angefangen allerdings hat alles schon sehr viel früher: 1987 hatte Parzival seine erste Galerie in Form einer klassischen Produzentengalerie eröffnet. 16 Jahre lang hat er in der Galerie 6811, die sich damals in der Bismarckstraße 68 befand und bloß aus elf Mitgliedern bestand, Erfahrungen als Galerist sammeln können, bis er den artclub "regelrecht aus dem Boden gestampft hat". Bereits während der Renovierungsarbeiten habe er Vorträge in den noch unfertigen Räumlichkeiten gehalten und das Konzept des artclubs vorgestellt. Flyer, die in verschiedenen Galerien und Ateliers aufgehängt wurden und die Neugründung ankündigten, sorgten dafür, dass die neue Galerie "einschlug wie eine Bombe. Zur Eröffnung 2006, die noch im Baustellenambiente stattfand, waren ungefähr 300 Leute da, zur ersten provisorischen Ausstellung im Dezember mehr als 400. Da waren wir schon 45 Mitglieder. Im August des darauf folgenden Jahres hatten wir bereits die angepeilten 100 voll", erinnert sich Parzival. Und bei diesen 100 Mitgliedern sollte es dann auch bleiben. "So hat man noch einen gewissen Überblick, mehr bekommt man schlecht organisiert".

Das besondere an dieser Alternative zur klassischen Galerie ist, dass die Künstler im artclub die Möglichkeit haben, ihre Arbeiten unter die Leute zu bringen, Kontakte zu knüpfen und zusätzlich einen Raum haben, in dem die Kommunikation über Kunst auf besondere Weise gepflegt wird. "Ein Raum für Idealisten", wie Parzival das umfunktionierte Ladenlokal beschreibt.

Fotos: Nele Ambrosi

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