Stellwerk Magazin

Rezension Mendelssohn Bartholdy & Mahler

Vorwort

Am 12. März 2017 war in der Kölner Philharmonie das Budapest Festival Orchestra unter der Leitung von Iván Fischer zu hören. Begleitet wurde es von den Solisten Gerhild Romberger (Alt) und Robert Dean Smith (Tenor). Dargeboten wurden neben der Sinfonie Nr. 4 in A-Dur op. 90 von Felix Mendelssohn Bartholdy auch Gustav Mahlers “Das Lied von der Erde”.

Zur Einstimmung auf den Besuch des Budapest Festival Orchestra fand im Vorfeld eine Begleitveranstaltung der Kölner Philharmonie statt. Im Filmforum wurde der ungarische Thriller „Kontroll“ (OmU) von Nimród Antal aus dem Jahr 2003 gezeigt; ein Film, der in den U-Bahn-Netzen Budapests spielt, und dort die Streifzüge der Fahrkartenkontrolleure durch die Metro begleitet. Zwischen atemberaubenden Gleisrennen, einem Mörder, der wahllos Passagiere vor fahrende Züge schubst, und einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte entwickelt sich eine spannende Geschichte, die jedoch ein schmutziges und aggressives Bild der ungarischen Hauptstadt entwirft. Schnell fragt man sich, worin der Zusammenhang zwischen dem Konzert aus der Reihe „Internationale Orchester“ und dem Thriller bestehen mag, zumal das Festival Orchestra weder Untergrund-Werke noch aggressive Kunst darbietet. Doch unter dem Titel „Orchester und ihre Städte“, den die Begleitveranstaltung trägt, erscheint die Verbindung schlüssig. Die Kölner Philharmonie verweist interdisziplinär auf die Herkunftsstadt des Gastorchesters und bietet allen Interessenten mit dem gezeigten Thriller die Möglichkeit, Budapest auch auf eine andere Art und Weise kennenzulernen.

Dass das dargebotene Konzert nicht auf die Unterwelt der ungarischen Hauptstadt anspielte, war bereits nach den ersten Takten klar. Der beschwingte und tänzerische Einstieg des „Allegro vivace“ ergriff den Zuhörer sogleich und entführte ihn auf die Reise durch Italien, die Felix Mendelssohn Bartholdy von 1833-34 in seiner Sinfonie Nr. 4 („Italienische“) musikalisch vertonte. Der ausgewogene und saubere Klang des Orchesters unterstützte die klangmalerische Komposition und vermittelte sofort den Eindruck eines heiteren und ausgelassenen Hörerlebnisses. Mit dem zweiten Satz „Andante con moto“ schloss sich eine melancholische Melodie an, die mit ihrem zarten und filigranen Klang ganz im Gegensatz zum kraftvollen „Allegro“ stand. Es folgten als dritter Satz „Con moto moderato“ und als Finalsatz „Saltarello. Presto“; zwei Sätze, die erneut die Unbeschwertheit und lebensfrohe Mentalität der Italiener aufgriffen. Ebenso wie in der Musik, zeigte sich auch innerhalb des Orchesters die Freude und Beschwingtheit am Muszieren, die leicht auf den Hörer übersprang und ihn nach einer kurzweiligen halben Stunde fröhlich in die Pause entließ.

Budapest Festival Orchestra

Ganz im Gegensatz dazu stand die zweite Hälfte des Konzertabends, in der Gustav Mahlers Das Lied von der Erde präsentiert wurde. Das Werk, das von 1908-09 komponiert wurde, thematisiert in melancholischen, jedoch zeitweise auch erhellenden Liedvertonungen Themen rund um Natur, Alter und Jugend, Freude und Tod. Grundlage für die Komposition bildeten für Mahler die Nachdichtungen altchinesischer Lyrik von Hans Bethges. So ist es nicht verwunderlich, dass zwischen den klangmalerischen, naturnachahmenden Orchesterklängen immer wieder auch chinesische Einflüsse verlautbar sind, die dem Zyklus eine internationale Note verleihen. Die Lieder mit Titeln wie „Von der Jugend“, „Der Einsame im Herbst“ oder auch „Der Abschied“ wurden jeweils abwechselnd von der Altistin Gerhild Romberger bzw. dem Heldentenor Robert Dean Smith vorgetragen. Während Romberger mit ihrer glockenklaren, kraftvollen Stimme problemlos gegen das durchaus klanglich aufgebauschte Orchester ansingen konnte, so war leider die Darbietung Smiths etwas weniger stark. Zum Teil überdeckte die Musik des Orchesters den Gesang des Tenors, der einen wesentlichen Bestandteil des Konzerterlebnisses ausmachte. Nichtsdestotrotz war die Stimmung und der Ausdruck des melancholischen Programmzyklus sowohl in der Orchesterbegleitung als auch im Gesang der Solisten deutlich vernehmbar. Dass das Werk technisch und musikalisch einwandfrei vorgetragen worden war, zeigte sich auch am ausgiebigen Schlussapplaus des Publikums, das nach dem Konzert noch die Möglichkeit hatte, die preisgekrönten Solisten bei einer Signierstunde kennenzulernen.

Fotos: Marco Borggreve