Stellwerk Magazin

Interview Filmplus Festival in Köln

Vorwort

Das Filmplus Festival, das einmal jährlich mit zahlreichen Filmvorführungen und Diskussionen rund um das Medium Film aufwartet, existiert seit 2001. Vom 13.10.-16.10.2017 fand es zum 17. Mal in Köln statt. Der besondere Fokus des Festivals liegt auf dem Schnitt, was nicht zuletzt mit der Verleihung der Schnitt Preise am letzten Festivaltag deutlich wird. Ich traf mich im Laufe der Festivaltage mit Kyra Scheurer, der künstlerischen Leiterin, um mit ihr über Entstehung, Konzeption und Kontext des Festivals zu sprechen.

Wie sind Sie dazu gekommen an dem Filmplus Festival mitzuwirken?

Ich bin bereits seit 2003, also 15 Jahre, bei Filmplus dabei. Natürlich war ich nicht direkt Teil der künstlerischen Leitung, sondern habe erstmal generell im Team mitgewirkt. Ich war zunächst in verschiedenen Funktionen beim Festival tätig, unter anderem in der Pressearbeit und als Kuratorin der Themenschwerpunkte, bis ich schließlich 2009 Teil der künstlerischen Leitung wurde. Gegründet wurde das Festival von Oliver Baumgarten und Nikolaj Nikitin. Sie haben sich im letzten Jahr zurückgezogen. Bis dahin waren sie sozusagen meine Co-künstlerischen Leitungen bzw. Nikolaj Nikitin war der Geschäftsführer. Das Festival entstand aus der Filmzeitschrift Schnitt, wo ich seinerzeit als freie Redakteurin tätig war. Ich bin von Haus aus Drehbuch-Dramaturgin – inzwischen auch Montagedramaturgin – und fand die Montage immer sehr faszinierend. Montage und Dramaturgie sind eng miteinander verwandt. Die Arbeit im Drehbuchbereich besteht darin, das zu strukturieren, was man im Kopf oder auf dem Papier hat, während in der Montage das strukturiert wird, was als erzählerisches Material bzw. gedrehtes Material verfügbar ist. Und das ist es, was mich begeistert.

Wie läuft das Auswahlverfahren der Filme ab?

Editoren, Verleiher oder Produzenten reichen dokumentarische oder fiktionale Filme ein, die in Deutschland oder Österreich im Kino liefen, eine Festivalpremiere reicht also nicht. Wir haben eine Einreichfrist – wie die meisten Festivals. Unser Nominierungsjahr ging dieses Jahr vom 01.06.2016 bis zum 31.05.2017. Dieses Jahr hatten wir einen Einreichrekord mit jeweils über 50 Filmen pro Gattung. Dietmar Kraus, der für den Spielfilmbereich verantwortlich ist, und ich, die für den Dokumentarfilmbereich Verantwortung trägt, machen dann eine Vorsichtung der Filme. Dabei tauschen wir uns als Team natürlich aus. Dann treffen wir von Filmplus eine Vorauswahl von je 15 Filmen. Danach entscheidet eine Vorjury, ein Editoren-Gremium, welche fünf Filme beim Festival laufen, diskutiert und von der Hauptjury gesichtet werden. Die Hauptjury des Festivals ist dann bewusst gewerkübergreifend zusammengesetzt, was sehr wichtig ist, damit sich verschiedene Gewerke Gedanken über die Montage machen, speziell darauf achten und sich darüber austauschen.

Was bedeutet gewerkübergreifend? Aus welchen Bereichen kommen die Jurymitglieder?

Kyra Scheurer hat Kommunikationswissenschaften und Psychologie in Berlin studiert und arbeitet seit 2003 als freie Dramaturgin. Die Position als künstlerische Leiterin beim Filmplus Festival für Filmschnitt und Montagekunst hat sie seit 2009 inne. Zu ihren zahlreichen Engagements gehört auch u.a. die Tätigkeit als stellvertretende Vorsitzende des Verbands für Film- und Fernsehdramaturgie (VeDRA).

Wir haben eigentlich immer jemanden aus dem Regiebereich und immer als Editorenposten den Vorjahrespreisträger oder die Vorjahrespreisträgerin in der Hauptjury. Wobei wir natürlich darauf achten, dass die anderen Vertreter auch einen Draht zum Filmschnitt haben und über eine gewisse Kenntnis darüber verfügen. Meistens ist der Bereich Kamera repräsentiert, oft auch Produktion. Man kann logischerweise nicht in jedem Jahr alle Gewerke berücksichtigen. Im Dokumentarfilmbereich haben wir öfter einen Filmjournalisten oder jemanden aus dem Festivalbereich. In diesem Jahr ist zum Beispiel Grit Lemke1Grit Lemke ist Dramaturgin, Journalistin und Filmkritikerin. Sie war bis Februar 2017 Leiterin des Filmprogramms für DOK Leipzig. dabei. Im Spielfilmbereich ist da noch der Schauspielbereich zu nennen. Dann haben wir natürlich auch die Preisstifter. Sie wollen auch gerne einbezogen werden. Nicht um uns zu beeinflussen, sondern einfach um teilzuhaben, an dem, was sie maßgeblich finanziell unterstützen. Das heißt, dass die Filmstiftung NRW jemanden in die Spielfilmjury entsendet. Die VG Bild-Kunst hat dieses Jahr zum Beispiel mit Petra Hoffmann eine Filmemacherin entsandt. Es ist uns einfach wichtig, unsere Partner auch am Festival zu beteiligen, damit sie wissen, was wir machen und damit sich unsere Begeisterung auch ein bisschen auf sie überträgt. Das klappt sehr gut und es ist eine sehr schöne Zusammenarbeit.

Sie werden auch von der Stadt Köln unterstützt. Ist aus dem Bereich auch manchmal jemand in der Jury vertreten?

Ja, maßgeblich ist dabei Andreas Füser von der Stabstelle Medien. Er ist sozusagen unser Bündnispartner und wir sind sehr dankbar dafür, dass die Stadt Köln uns wirklich von Beginn an unterstützt hat. Sie loben nicht einen speziellen Preis aus, sondern fördern die Gesamtveranstaltung. Es gibt manchmal besondere Events, wie ein Branchen-Speed-Dating oder ein besonderes internationales Panel, welche dann nochmal speziell gefördert werden. Es gab auch schon Jahre, in denen Andreas Füser mit in der Jury war.

Ist es aufwändig, Gelder für das Festival aufzutreiben?

Vier Tage lang so ein Festival auf die Beine zu stellen, ist immer wieder eine Herausforderung. Dafür ist es auch nicht einfach, das Budget zusammenzukriegen. Wir haben aber glücklicherweise sehr langjährige Partner, die uns treu bleiben. Aber natürlich: gerade wenn man Dinge erweitern möchte – etwa um neue Aspekte zu ermöglichen –, braucht man Gelder. Wir wollen nicht stehen bleiben und uns nicht zu sehr wiederholen. Wir versuchen natürlich auch, inhaltlich neue Akzente zu setzen. Und dafür braucht man wiederum neue Gelder. Oder es kann passieren, dass z.B. ein Stifter für eine Preisdotierung wegfällt und dann braucht man Ersatz.

Gibt es auch für Studenten die Möglichkeit, das Festival praktisch zu unterstützen?

Viele Praktikumsplätze für eine längere Tätigkeit im Büro haben wir nicht zur Verfügung, aber Bewerbungen sind immer willkommen. Es gibt Kooperationen mit verschiedenen Filmhochschulen, sodass während des Festivals selbst immer mal ein paar Studenten gegen eine Freiakkreditierung einen Tag oder einen Abend aushelfen. Sie reißen dann Karten ab oder reichen Blumen an oder übernehmen andere kleine logistische Dinge. Aber grundsätzlich wollen wir natürlich schon, dass alle Leute bezahlt werden, die bei uns tätig sind.

Header: (c) Filmplus (v.l.n.r.): Kyra Scheurer, Dietmar Kraus, Jenny Krüger | Leitungsteam Filmplus