Stellwerk Magazin

Interview Xul Zolar

Vorwort

Xul Zolar lassen ihr Debütalbum “Fear Talk“ mit der ersten Single NYE schwerelos und fast lakonisch anklingen. Die mittlerweile vierköpfige Band aus Köln ist nach zweijähriger Stille zurück und geht ab November mit der Kölner Band „Woman“ auf Deutschlandtour.

Kurz vorher trafen wir Ronald Röttel, Marin Geier, Dennis Hofmann und Dennis Enyan in ihrem Proberaum. Wir sprachen mit ihnen über „Fear Talk“, und tranken dazu gelben Pernod.

Warum habt ihr euch nach dem argentinischen Maler Xul Zolar benannt?

Ronald: Mmh, das weiß ich nicht mehr so genau. Klar, das ist ein Maler, das wussten wir, aber sonst... Wir waren einfach unglaublich schlecht darin, uns einen Bandnamen auszusuchen. Wir hatten zwei Optionen: Cat Islam und Xul Zolar. Da war es ganz offensichtlich, dass wir Xul Zolar nehmen mussten.

Wieso?

Ronald: Weil das Wortspiel aus „Cat Stevens“ und „Yussuf Islam“ - wie Cat Stevens sich mittlerweile nennt - vielleicht doch nicht so lustig ist.

Wie seid ihr als Band entstanden?

Ronald: Das ist eine ziemlich komplexe und sehr lange Geschichte. Ich kannte Marin schon sehr lange und fand ihn aber immer ein bisschen merkwürdig, weil er immer geskatet ist und das nicht so richtig konnte.1Nachträgliche Anmerkung von Marin: Man muss da auf den Subtext achten. Ronald sagt da, dass er mich eigentlich immer ziemlich cool fand und ein bisschen neidisch war, dass ich so gut skaten konnte. Er hat zu der Zeit Hardcore-Musik gemacht, ich dagegen habe gar keine Musik gemacht – manchmal nur zu Hause. Dann haben wir uns irgendwann in Köln wieder getroffen und haben angefangen, so merkwürdige Folksongs mit Casio-Keyboard-Synthesizern und verhallten Akustikgitarren zu machen. Dann hat aber Marin mit Tim, einem Schlagzeuger, zusammengewohnt, so dass wir dann Musik mit Tim gemacht haben, der sich dann aber auf seine Filmkarriere konzentrieren wollte. Dann haben wir zufällig Dennis getroffen, der dann als Schlagzeuger dazu gekommen ist und seit kurzem ist nun auch Dennis dabei.

Dennis H: Es gibt für jeden unterschiedliche Etappen. Ronald und Marin kannten sich schon, für mich hatte das Ganze grad erst angefangen. Wir sind ein, zwei Monate getourt und dann hat man versucht, ob das funktioniert oder nicht. Durch diese erste Tour sind wir dann irgendwie auch zusammengewachsen.

Was war das für eine Tour?

Ronald: Eine DIY-Italientour. Das war interessant. Da spricht auch niemand Englisch.

Dennis H: Straßen enden auf einmal.

Ronald: Da sind wir als Band wirklich zusammengewachsen.

Wie habt ihr „Tides“ produziert? Habt ihr das eigenständig aufgenommen?

Ronald: Wir haben die EP mit Jochen Naaf und Sven Ludwig produziert. Die haben ihr Studio in Köln-Ehrenfeld. Wir haben vor vier Jahren eine Show irgendwo auf der Zülpicher Straße in einem Keller gespielt, und die haben uns dort gesehen. Viel später erst haben die Beiden uns dann über unseren Manager Malte angesprochen. Zunächst haben wir nur die Single ‚Hex’ produziert und daraufhin über den Zeitraum eines Jahres noch die anderen Lieder auf der EP. Diese Dinge dauern, wenn man unerfahren ist, länger, als sie eigentlich müssten. Wir haben es nun mit dem Album wirklich komplett anders gemacht. Wir dachten uns da, dass es viel schneller gehen müsse und dann war das Album noch gar nicht fertig als wir ins Studio gegangen sind.

Wie war das bei eurem Debüt-Album „Fear Talk“?

Dennis H: Wir haben uns entschlossen, mit Marvin Horsch aus den Gotteswegstudios zusammen zu arbeiten und das war genau der Richtige für die Nummer, weil er viel Input geliefert hat. Das war ein ganz neuer Schaffensprozess, der zwar mit Aufnehmen und Mischen auch immer noch sehr lang gedauert hat, etwa ein halbes bis ein Jahr, wobei wir drei Monate sehr intensiv ins Studio gegangen sind.

Wer sind eure Vorbilder und Bezüge?

Ronald: Was wir bei der EP gemacht haben ist sehr viel konsistenter und sehr viel einfacher rauszulesen. Dennoch haben wir gar nicht so bewusst mit Bezügen gespielt. Bei dem Album haben wir klarer mit Referenzen gearbeitet, aber das ist so eklektisch geworden, dass es schwierig wäre, die jetzt alle aufzuzählen. Konkrete Namen zu nennen würde mir da schwerfallen, aber Vieles bewegt sich im Spektrum der 80er-Jahre Musik.

Findet ihr, dass sich euer musikalischer Stil von „Tides“ zu „Fear Talk“ verändert hat?

Ronald: Die Ästhetik der EP hatte zum Ziel, undeutlich zu bleiben und zu layern. Und zwar so radikal, dass man gar nicht erst die einzelnen Elemente identifizieren kann und sich eine schwammige Landschaft kreiert. Bei dem ersten Album haben wir bewusst versucht, uns gerade davon zu distan-zieren und distinguiert Elemente herauszuarbeiten, der Stimme mehr Raum zu geben. Weniger Spu-ren im Allgemeinen, um jedem Element mehr Platz zu lassen und weniger zu layern. Der dritte Aspekt, den wir geändert haben, ist, dass wir mehr auf echte Instrumente gesetzt haben. Der Bass ist jetzt viel präsenter.

Dennis H: Was wir da auch gemerkt haben, ist, dass wir einen vierten Mann brauchen, um das live besser umzusetzen. Das ist ja schon ein großer Unterschied, in der Umsetzung und den Möglichkeiten, die sich aus einer Neubesetzung ergeben. Das war außerdem meine Erstproduktion mit Xul Zolar, weil ich erst nach der EP dazugestoßen bin. Das wird mit Sicherheit nochmal anders in der Rhythmussektion sein, weil jetzt jemand anderes trommelt.

Wovon handelt das Album?

Ronald: Ich hatte noch nie so ein starkes Bedürfnis, inhaltlich zu arbeiten oder den Inhalt in den Vordergrund zu rücken. Es ist jetzt nicht so, dass wir uns dachten, wir machen jetzt so Michael Jackson-mäßig ‚Weltfrieden’ zu unserem Thema. Es gab kein übergeordnetes thematisches Konstrukt für das Album. Im Nachhinein lassen sich immer irgendwelche Parallelen zwischen Songs herausarbeiten, aber das ist kein Leitfaden, an dem wir uns entlang hangeln, um Musik zu machen. Das ist jetzt eine unbefriedigende Antwort, oder? Ich habe leider auch gerade keine gute Lüge parat.

Wie sind die Songs auf „Fear Talk“ entstanden?

Ronald: Also, der Arbeitsprozess ist vor allem dadurch geprägt, dass wir sehr stark medial mitei-nander kommunizieren. Wir sind einfach nicht in der Lage, in einen Proberaum zu gehen und miteinander zu sprechen, daher nehmen wir alleine Sachen auf und schicken sie uns. Obwohl ich mit Marin auch zusammenwohne, würde ich ihm die nie vorab zeigen oder bei ihm dabei sein wollen. Wir jammen einfach nicht. Es gibt tatsächlich auf dem Album nur einen einzigen gejammten Song. Ansonsten funktioniert das für uns jedoch so, dass irgendjemand seine Vorstellungen, eine Skizze, ein Demo rumschickt, das dann von den anderen Bandmitgliedern radikal umstrukturiert und bear-beitet werden kann, bevor es wieder zurückgeschickt wird.

Dennis E: Was mittlerweile ja schon der konventionelle Weg ist, um Songs zu machen. Gerade auch durch das Internet, was es eben möglich macht. Das zu ‚Erjammen’ wäre vielleicht auch zeitlich gar nicht möglich. Ronald: Da entsteht auch eine andere Musik. Wenn man beispielsweise jammt, dann bleibt man immer in seiner natürlichen Tonlage. Es sind aber einfach viel komplexere Arbeitsweisen, die so-was zulassen und somit wird dann andere Musik konzipiert.

Dennis E: Hin und wieder, bevor wir anfangen zu proben, klimpert jeder von uns mal ein bisschen auf seinem Instrument herum und manchmal halten wir Sachen davon als Skizze oder Ähnliches fest. Aber es ist nie so, dass man sich hinsetzt, um etwas zu kreieren. Und falls dann mal spontan was entsteht, dann fängt jemand an, wie eben schon erklärt, damit weiterzuarbeiten.

Ronald: Man erkennt seine Skizzen wieder in den fertigen Songs, die bleiben schon noch da. Das Lustige daran ist, dass es gar nicht so narzisstisch ist, denn ich finde meistens die Songs gut, die Marin angefangen hat zu schreiben und andersrum.

Was habt ihr nächstes Jahr mit „Fear Talk“ geplant?

Dennis E: So viel spielen wie möglich.

Ronald: Wir gehen jetzt erstmal als Support mit „Woman“ auf Tour. Dann kommt das Album raus, sukzessiv folgen dann auch Videos und Live-Performances. Und es wird natürlich noch eine Headlinertour im Februar durch Deutschland geben. Was danach kommt, steht noch in den Sternen.

Was gefällt euch daran, bei einem kleinen Label gesigned zu sein?

Dennis H: Gerade im Bezug auf die Albumproduktion war es klar, dass es besser ist, mit einem kleinen Label zusammenzuarbeiten. Selbst auferlegter Druck kann was mit einem machen, einen daran hindern, kreativ zu arbeiten. Bei einem großen Album gibt’s Deadlines und Verpflichtungen – das ist dann nochmal eine andere Nummer. Alle Menschen, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten, sind uns sehr nah, das ist fast etwas Familiäres. Wir wären auch irgendwie verloren ohne Malte, unseren Manager. Wir sind halt alle irgendwie Chaoten, jeder auf seine eigene Art und Weise.

Ronald: Das ist gerade das Schöne daran: dass man versucht, Freundschaften aufzubauen. Dass es eben mehr ist als diese eine Band, die irgendwo rumhängt und eine andere Band, die irgendwo anders rumhängt.

Denkt ihr, dass es einen „Sound of Cologne“ gibt?

Ronald: Ja, das ist interessant, dass sich das geografisch so niederschlägt. In Stuttgart machen alle so Rotzpunk, und in Köln machen alle so international orientierten Indie-Pop. In Hamburg dagegen machen alle so euphorische Sachen.

Dennis E: Da wurde in jedem Fall schon was losgetreten, so „Sound of Cologne“-mäßig.

Dennis H: Es passiert einfach gerade viel hier.

Wann und wo kann man euch das nächste Mal live sehen?

Dennis E: Wir spielen am 1. Dezember mit „Woman“ im Hotel Shanghai in Essen!

Vielen Dank für das Interview!

Foto: Lisanne Joisten

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