Stellwerk Magazin

Ballet of Difference

Vorwort

Am 22.03.2018 feierte der dreiteilige Tanzabend „On Body“ seine Weltpremiere im Schauspiel Köln. Die Premiere von „Made for Walking“ wurde von der Choreografie „BoD“ aus dem Abendprogramm „My Generation“ (2017) sowie dem ursprünglich für das Bayerische Staatsballett entwickelte Stück „UNITXT“ (2013) gerahmt. Der Abend ist Teil des Projekts „Triple Bill“, dessen erster Teil „My Generation“ bereits am 14. Juli 2017 im Schauspielhaus Köln aufgeführt wurde. Der letzte und abschließende Teil ist für Ende 2018/Anfang 2019 angesetzt und wird erneut eine Kooperation mit dem Schauspiel sein, diesmal unter Einbeziehung des Ensembles des Schauspiel Köln.

Choreografie und künstlerische Leitung unterliegen Richard Siegal, welcher für die Gestaltung neuer Formen zeitgenössischen Tanzes bekannt ist und mehrmals mit Preisen ausgezeichnet wurde. Er ist Choreographer-In-Residence am Muffatwerk (München) und Gründer des Künstlerzusammenschlusses „The Bakery“ (2003) und „Ballet of Difference“ (2016), mit denen er zusammen viele interdisziplinäre Projekten entwickelt.

Eine Produktion von Richard Siegal, The Bakery und Ectopia Dance Productions. In Kooperation mit Tanz Köln, Schauspiel Köln, Dance Festival und dem Muffatwerk München. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, das Kulturreferat der Landeshauptstadt München und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.

Noise. Signal. Silence. Das sind die Schlagworte der von Richard Siegal choreografierten und seiner Kompanie Ballet of Difference dargelegten Tanzaufführung „On Body“. Hier trifft Klassisches auf Modernes, Filigranes auf Mächtiges. Richard Siegal schafft trotz der zusammengeführten Kontraste in Bewegung, Musik, Bühne und Kostüm ein homogenes und ästhetisch sehr ansprechendes Bild. Die Weltpremiere im Schauspiel Köln löste große Begeisterung bis in die letzten Reihen aus. Es ist laut. Es ist groß. Mal ist es hell, mal dunkel. „On Body“ spielt mit allen Sinneswahrnehmungen des Zuschauers. Richard Siegal gelingt eine Verschmelzung unterschiedlicher Art von Tanz, Musik, Video-Art und Kostüm. Die Aufführung ist in drei Stücke unterteilt, welche verschieden inszeniert sind, aber doch das Gleiche vermitteln: Vermeintlich Gegensätzliches bildet eine Einheit.

UNITEXT

UNITXT | Foto: Ray Demski

01.-03.03. Muffatwerk München, 06.03. Forum am Schlosspark Ludwigsburg 09.03. Theater im Pfalzbau Ludwigshafen, 11.03. Tollhaus Karlsruhe, 15./16.03. Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen

Noise. Eingeleitet wird der Tanzabend mit Hebefiguren und Sprüngen bis in die höchsten Ebenen. Die Kostüme erinnern an Flügel und lassen die Tänzer schweben. Während ein Teil der Kompanie sich in die Höhe katapultieren lässt und den Raum der Bühne nutzt, sitzt der andere Teil auf beidseitig aufgestellten Hockern und beobachtet die Szenerie. Auf diese Weise entsteht eine Bühne unter Tänzern, die jedem Einzelnen die Möglichkeit bietet, sich zu inszenieren. Dem Stichwort Noise entsprechend, drängen sich die Darsteller ins Scheinwerferlicht, richten Rufe an das Publikum und es entsteht der Anschein eines Kampfs um die vordere Reihe. Jeder Tänzer strebt nach Aufmerksamkeit und präsentiert sich lautstark.

Signal. Signale lösen die Musik ab. Mit dem Körper erzeugte Klänge steuern den Tanz. Als ein Pfiff ertönt, treten vier Tänzer auf die Bühne. Kollektives Klatschen und Stampfen erzeugt einen atemberaubenden Rhythmus. Als Kostüme dienen weit geschnittene Kittel, schwere Stiefel verleihen den Tänzern einen groben Ausdruck und trotzdem scheint auch hier das klassische Ballett immer wieder durch. Das Quartett wird durch ein Solo abgelöst, welches wortwörtlich leichtfüßig zur Darstellung kommt. Die Tänzerin zieht zunächst ihre Stiefel aus und schafft den Wandel vom harten Marsch in grazile Pirouetten und Sprünge.

Silence. Eine neue Form des Tanzes wird vorgestellt. Bewegungen des klassischen Balletts vermischen sich mit Technobeats. Lichteffekte und Videoleinwände mit großen Aufschriften verstärken die Explosivität des Stücks. Hier agieren die Tänzer auf allen Ebenen und werfen dabei große Schatten auf die Leinwände. Das Individuum verschwindet vor und hinter dem Lichtspiel und erscheint als Glied eines komplexen Zusammenspiels. Die in dunklen Farben gehaltenen Kostüme unterstützen dieses Bild. Korsetts, an denen Schlaufen angebracht sind, werden durch Ziehen und Zerren mit in den Tanz einbezogen und deuten das Ausbrechen aus der Tradition des klassischen Balletts an. Das Stück ist laut, der Tänzer hingegen still.

Das Ballett der Zukunft

„On Body“ kann als Spiegel unserer Gesellschaft gelesen werden. Globalisierung, Innovation, Medien - alles trägt zur heutigen Netzwerkbildung bei. Wir sind jederzeit informiert, kennen Kulturen aller Welt, hören, sehen und mögen Vieles und beschränken uns nicht auf ein einziges Interessengebiet. Wir verbinden Neues mit Altem und stehen im ständigen Austausch. „On Body“ scheint dies im Tanz alles zu reflektieren. Das Stück stellt keine Grenze, sondern hebt sie auf und schafft ein Gesamtbild aus Fremdem und Eigenem. Präsentiert sich hier etwa das Ballett der Zukunft?

Foto: Ray Demski

UNITXT | Foto: Ray Demski

Choreographie: Richard Siegal Dramaturgie: Tobias Staab Musik: DJ Haram (BoD), Lorenzo Bianchi Hoesch (Komposition für Ballet 2.018), Alva Noto (UNITXT) Kostüme: Chromat/Becca McCharen-Tran (BoD), Richard Siegal (Ballet 2.018), Konstantin Grcic (UNITXT) Licht: Gilles Gentner (BoD, Ballet 2.018), Richard Siegal (UNITXT) Stylistin: Edda Gudmundsdottir (BoD) Ballettmeister: Caroline Geiger, Diego Tortelli Produktionsleitung: Miria Wurm Tanz: Claudia Ortiz Arraiza | Jemima Rose Dean | Léonard Engel | Courtney Henry | Yvonne Compaña Martos | Tigran Mikayelyan | Margarida Neto | Matthew Rich | Diego Tortelli | Nicola Strada | Jun Young Won | Zuzana Zahradníková

Header-Bild: ©Wilfried Hösl