Stellwerk Magazin

Lucia Moholy – Fotogeschichte leben und schreiben

Vorwort

Zum ausgehenden Bauhaus-Jubiläum widmet das Museum Ludwig der Fotografin und Fotohistorikerin Lucia Moholy eine kleine, aber feine Präsentation. Lucia Moholy porträtiert von Fritz Kempe, 1980 Lucia Moholy porträtiert von Fritz Kempe, 1980, © Rheinisches Bildarchiv Köln

Anlässlich des ausgehenden Bauhaus-Jubiläumsjahres 2019 eröffnete das Kölner Museum Ludwig Mitte Oktober im Fotoraum eine kleine Ausstellung, die der Fotografin und Fotohistorikerin Lucia Moholy (1894-1989) gewidmet ist. BesucherInnen können hier einen Abstecher in die Fotogeschichte wagen und nachverfolgen, wie Moholy zu einer der Vorreiterinnen für die Anerkennung des Mediums Fotografie als Kunstform wurde. Mit viel Liebe zum Detail hat Kuratorin Miriam Szwast die Dichotomie zwischen Moholys aktivem und passivem Part in der Fotogeschichte herausgearbeitet und dafür verschiedenste Dokumente zusammengetragen. Anhand von Briefen, Büchern, Fotografien und Fotogrammen – sowohl der Künstlerin selbst als auch ihr nahestehenden Personen – eröffnen sich den BesucherInnen vielfältige Erzählebenen. Besonders fallen die Fotogramme ins Auge, kameralose Fotografien, bei denen Objekte auf lichtempfindliches Papier gelegt und belichtet werden. Ihr Schatten bleibt auf dem Papier als helle Fläche zurück.

Fotogramm von László Moholy-Nagy und Lucia Moholy: László und Lucia, um 1922 © Rheinisches Bildarchiv Fotogramm von László Moholy-Nagy und Lucia Moholy: „László und Lucia“, um 1922, © VG Bild-Kunst, Bonn

Eines der eindrucksvollsten Exemplare ist das um 1922 entstandene Bild „László und Lucia“. Wie der Titel bereits verrät, sind hier die Gesichter von Lucia Moholy und ihrem damaligen Ehemann, dem Bauhaus-Künstler László Moholy-Nagy, auf Fotopapier festgehalten. Auch wenn sich das Paar 1928 trennt, bleiben sie in diesem Fotogramm auf ewig als Einheit gebannt. Das Bild zeigt aber nicht nur die emotionale Verbundenheit innerhalb der Beziehung, sondern auch die „symbiotische Arbeitsgemeinschaft“, wie Miriam Szwast betont. Die Urheberschaft für das Fotogramm wird dementsprechend auch beiden zugeschrieben. Diese Perspektive bleibt jedoch nicht ohne einen bitteren Beigeschmack; steht doch Moholys eigenes Schaffen bis heute im Schatten ihres berühmteren Ehemanns. Zudem musste sie in den 1950er Jahren gegen den Bauhaus-Gründer Walter Gropius vor Gericht ziehen, der ohne ihr Einverständnis ihre Architektur-Fotografien publizierte.

Neben den Fotogrammen umfasst die Ausstellung sechs weitere Bilder und drei neue Prints, die das Museum kürzlich erworben hat. Insgesamt ist die Präsentation textlastig, was beim Besuch einer Fotoausstellung überraschen mag. Die Texte sind jedoch sehr kurzweilig geschrieben und geschickt zwischen den Exponaten eingearbeitet. Darüber hinaus wird eines der letzten Interviews mit der Künstlerin auf einem kleinen Röhrenfernseher abgespielt, so dass sich ein stimmiges, multimediales Bild ergibt. Neben Moholys Fotogrammen hat das Museum auch einige ihrer Bauhaus-Fotografien erstanden.

Bauhaus klein Lucia Moholy: Bauhaus in Dessau, Werkstattflügel von Nordosten, um 1926, © VG Bild-Kunst, Bonn

Die Architektur-Aufnahmen strahlen Ruhe und Klarheit aus und zeugen vom Stil der neuen Sachlichkeit, den Moholy für das junge Medium Fotografie prägte. Die Bilder entstanden um 1926 im Auftrag von Walter Gropius in Dessau. Dorthin war Lucia Moholy ihrem Mann gefolgt, den Gropius 1923 als Lehrer ans Bauhaus berief. Sie selbst hatte dort jedoch keine feste Funktion. Die Kuratorin beschreibt Moholys Zeit in Dessau als eine unglückliche Lebensphase: „Dessau ist wie den Anschlusszug verpasst zu haben.“, soll sie gesagt haben. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Foto des massiv wirkenden Bauhausgebäudes noch mehr an Gewicht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Lucia Moholy 1928 nach Berlin umzieht und sich von Moholy-Nagy trennt. Die Verbundenheit zur Fotografie jedoch bleibt ihr ganzes Leben ungebrochen. Aus dem Exil in London publiziert sie 1939 ihr Buch „A Hundred Years of Photography - 1839-1939“, das nicht nur ein Kassenschlager wird, sondern auch einen entscheidenden Beitrag leistet für die Anerkennung der Fotografie als künstlerisches Medium.

Wer das Museum Ludwig in nächster Zeit besucht, sollte deshalb die Gelegenheit wahrnehmen und einen Umweg über den Fotoraum einplanen. Dieser lohnt vor allem, weil hier einer Frau Raum verschafft wird, die praktisch und theoretisch Fotogeschichte geschrieben hat.

Die Ausstellung „Lucia Moholy - Fotogeschichte schreiben“ läuft noch bis zum 2. Februar 2020 im Museum Ludwig.

Headerbild: Ausstellungsansicht „Lucia Moholy - Fotogeschichte schreiben“, © Rheinisches Bildarchiv / Marc Weber

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Hier findet ihr weitere Informationen zur Ausstellung auf der Website des Museum Ludwig