Stellwerk

Der unter dem selbstgewählten Künstlernamen Xi Chuan arbeitende Autor zählt zu den wichtigsten Vertretern zeitgenössischer chinesischer Lyrik. 1963 wurde er in Xuzhou, in der Provinz Jiangsu im östlichen Teil Chinas geboren. 1985 graduierte er von der Universität Peking, wo er Englische Literatur studierte. Als Essayist, Übersetzer, Dichter und Denker ist Chuan in viele Bereiche der Sprachkunst vorgedrungen, was unverkennbar in der Multiperspektivität seiner Werke zum Ausdruck kommt. In seinen Gedichten überschreitet er Grenzen. Oder vielleicht auch nicht, denn er scheint keine zu sehen. 2009 kuratierte er die Plakataktion „Poesie in die Stadt“, im Rahmen derer poetische Texte ausgewählter chinesischer SchriftstellerInnen in deutschen Städten verbreitet und in den (urbanen) Alltagsraum gestellt wurden. Chuan erhielt mehrere Stipendien für Auslandsaufenthalte und wurde für seine Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Modern Chinese Poetry Prize und der Lu-Xun-Literaturpreis. Als Gastprofessor war er u.a. an der New York University sowie an der kanadischen University of Victoria tätig. Aktuell lebt Chuan in Peking, wo er Klassische Chinesische Literatur an der Central Academy of Fine Arts unterrichtet.

„I need poetry to refresh myself all the time. If I don’t do that, I think I am dying. Poetry or a thought or a noise can give me a rebirth, deliver me again and again.“1https://www.arts.gov/art-works/2011/art-talk-chinese-poet-xi-chuan

Chuan schafft durch seine lyrischen Schilderungen neue Blickwinkel. Selbsterkenntnis und Selbsterforschung sind es, die ihn antreiben. Und natürlich die Auseinandersetzung mit der Natur, den Dingen und Menschen, die ihn umgeben. Welche Relationen bestehen hier? Wie verhält sich das Einzelne zum Ganzen und wie viel Ganzes steckt im Einzelnen? Wie funktioniert Welt und warum gerade so und nicht anders? Chuan wagt sich an große Fragen heran und bietet ebenso abstrakte wie konkrete Antwortmöglichkeiten. Er weiß, dass nichts in Stein gemeißelt ist. Genau das ist der Kern seines dichterischen Schaffens. Alles ist irgendwie, und gleichzeitig ist es ganz anders – durch andere Augen, die anders sehen. Die Unbekümmertheit und der nüchterne Humor, von dem sein lyrisches Werk durchdrungen sind, erzeugen eine Leichtigkeit, auch wenn Chuan sich oft mit weniger leichten Themen befasst. Seine Beschreibungen lassen einen als LeserIn innehalten und Erstaunliches im scheinbar wenig Erstaunlichen erkennen. Die Absurditäten des Alltags und der Existenz werden von ihm in poetischer Sachlichkeit gemalt, wundervoll natürlich und treffend. Man merkt seinen Gedichten an, wie frei er denkt und dass er weiß, dass er sich nicht festlegen kann, obwohl er Dinge und Sachverhalte klar benennt und definiert. Er hält stets alles offen und lässt die LeserInnen eintauchen in die Bewegungen seiner vibrierend-ruhigen Gedankenwelt, die in all ihrem Durcheinander doch so geordnet erscheint. Dabei ist Chuans Sprache sowohl von traditioneller chinesischer Dichtung als auch von intuitiver Alltagssprache geprägt. Vermischung. Kunstvolle Freiheitsschläge. Oder einfach Schwerelosigkeit.

Neben den Veranstaltungen mit allen AutorInnen der Poetica 6 am 20., 21., 23. und 25. Januar, ist Xi Chuan während der Festivalwoche bei der Veranstaltung „Notizen zum Mosquito“ am 22. Januar ab 19.30 Uhr im Literaturhaus Köln zu erleben (Eintritt 6/8/10 EUR). Karten gibt es an der Abendkasse, im Vorverkauf über Offticket oder die folgenden Buchhandlungen: Lengfeld'sche Buchhandlung, Kolpingplatz, T. +49(0)221 257 84 03 Buchhandlung Bittner, Alberstusstraße, T. +49(0)221 257 48 70