Stellwerk Magazin

Ausstellung Rohe Schönheit

Vorwort

Der Fotograf Gregor Zoyzoyla zeigt in seiner Ausstellung im Foyer der USB Köln „Concrete: Imagination – Ästhetik des Brutalismus“ ungewöhnliche Seiten des Béton Brut. Die Universitäts- und Stadtbibliothek ist sowohl Gastgeberin als auch Teil der Ausstellung.

© Gregor Zoyzoyla © Gregor Zoyzoyla

Da hat sich einer aufgemacht und dem Brutalismus ein Denkmal gesetzt. Das ist gut so, denn viele der Bauten aus der Zeit zwischen den 1960er und 1980er Jahren brauchen jetzt Aufmerksamkeit. Sie verfallen langsam und erreichen nicht den pittoresken Charme vernachlässigter Gründerzeitgebäude. Im Gegenteil, die protzige und brachiale Außenwirkung hat den rohen Betonklötzen schon zu ihrer Entstehungszeit viel Ablehnung entgegengebracht. Mit ihrer paradox erscheinenden fortschreitenden Hinfälligkeit, wünschen viele sie am liebsten direkt begraben.

Die Dominanz des Quaders lässt viele Bauten schwerfällig erscheinen. Es fehlt Eleganz und Beschwingtheit. Allerdings bestechen die Bauwerke durch ihre klare Formensprache. Auch versöhnt die überraschende Lichtdurchlässigkeit im Inneren mit der abweisenden Außenhülle. Dort, wo die Betonbehausungen durch üppige Vegetation zu Gerippen mutieren, verlieren sie sogar ihre brachiale Wirkung und muten fast zart an. Mehr als die Architektur überzeugt das Auge des Fotografen. Zoyzoyla legt durch seine Wahl des Bildausschnittes eine Ästhetik offen, die im Verborgenen liegt. Die Betonung des Seriellen und die ungewöhnlichen Blickwinkel machen die Architektur auf interessante Weise erfahrbar. Wenn Farbe ins Spiel kommt, wirken die Orte wie Bühnenbilder geheimnisvoller Inszenierungen. Einerseits sind es farbige Architekturelemente, auf die Zoyzoyla das Augenmerk richtet, zum anderen erzielt er dramatische Effekte durch farbiges Licht. Nahezu poetisch erscheinen die Nahaufnahmen einzelner Gebäudeteile, die durch ihre visuelle Abkopplung von dem Trägerbau eine eigenständige Aura entfalten.

Die Universitäts- und Stadtbibliothek © Gregor Zoyzoyla Der Magazinkubus der Kölner Universitäts- und Stadtbibliothek © Gregor Zoyzoyla

Vor allem die Fotografien der Wohnhäuser aus Belgrad zeigen den Brutalismus in der Form, die für die große Ablehnung dieser Stilrichtung verantwortlich ist. Auf den ersten Blick scheinen es versehrte Fassaden aus einem Kriegsgebiet zu sein. Bei intensiver Betrachtung erkennt man ungepflegte und vernachlässigte Oberflächen. Durch die Kameralinse erfolgt eine Ästhetisierung, die einen für das Foto einnimmt. Aber möchte man dort wohnen? Die Ausstellung ist auf jeden Fall sehenswert. Sie macht Lust auf mehr brutalistische Erlebnisse, von denen Köln, neben den gezeigten Beispielen, noch einige mehr zu bieten hat, wie z.B. den Ebertplatz, das Colonia Hochhaus oder das Rathaus Bensberg.

Headerfoto: Royal National Theatre in London, Architekt: Denys Lasdun, Bauzeit 1967-76. © Gregor Zoyzoyla

Aufgrund der aktuellen Lage kann die Ausstellung derzeit leider nicht besucht werden. Wir möchten euch darum auf die Online-Präsenz des Künstlers und der USB verweisen, wo ihr mit vielen sehenswerten Fotografien entschädigt werdet.

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Hier findet ihr weitere Informationen zur Ausstellung auf der Website der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln
Hier geht es zur Website des Künstlers Gregor Zoyzoyla
Hier geht es zum Instagram-Profil von Gregor Zoyzoyla