Stellwerk Magazin

Porträt Regiekollektiv "vorschlag:hammer"

Vorwort

Für insgesamt zwei Jahre residieren Gesine Hohmann, Kristofer Gudmundsson und Stephan Stock als Regiekollektiv “vorschlag:hammer” am Düsseldorfer Schauspielhaus. Eine großzügige Förderung der Kulturstiftung des Bundes hat dies möglich gemacht.

Mit ihrem langen, flatternden Mantel kommt Gesine hastig auf uns zu gelaufen, ihr Blick entschuldigend, denn sie hat sich verspätet. Im Café angekommen erklärt sie Kristofer und mir, dass ein Termin mit der Kostümbildnerin sie aufgehalten habe und sie den ganzen Vormittag mit der Organisation eines Autos für einen ihrer Auftritte beschäftigt gewesen sei. Einen Chai Latte und ein Törtchen später lacht sie aber schon wieder fröhlich und erzählt uns, dass sie von unterschiedlichsten Reißverschlüssen und Stoffen sowieso keine Ahnung habe und froh sei, inzwischen eine eigene Kostümbildnerin zu haben.

"Wir hatten einfach Lust, etwas zusammen zu machen"

Das war nicht immer so, denn das Regiekollektiv vorschlag:hammer, bestehend aus Gesine Hohmann, Kristofer Gudmundsson und Stephan Stock fing ganz klein an. Seit der Spielzeit 2012/13 residieren sie nun aber schon am Düsseldorfer Schauspielhaus und werden für zwei Jahre großzügig von der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Begonnen hatte alles mit einen Treffen in Stephans WG in Bern. 2009 beschlossen Gesine und Kristofer, die sich durch das Studium bereits kannten, Kristofers Schulfreund Stephan zu besuchen, der zu der Zeit noch mit seinem Schauspielstudium in Bern beschäftigt war. "Wir hatten einfach Lust, etwas zusammen zu machen," erzählt Kristofer, der wie Gesine Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis mit Schwerpunkt Theater und Medien an der Universität Hildesheim studiert. Ausgangspunkt waren zwei Bücher, von Halldór Laxness und Tristan Egolf, die sie gelesen hatten und die sie auf die Idee brachten, etwas über Bauern und Einzelkämpfer zu produzieren.

Ein Erfolgsweg

Das Resultat dieses Besuchs in Bern war ein Stück, dass die Drei geistreich "Vom Schlachten des gemästeten Lamms und vom Aufrüsten der Aufrechten" nannten und mit dem sie zunächst zu dritt auftraten. Stephan und Gesine spielten, während Kristofer für Licht und Ton zuständig war. Dass sie damit gleich zwei renommierte Preise des Körber Studios Junge Regie und des 100°-Festivals in Berlin und eine Regiegage in Höhe von 10.000 Euro gewinnen würden, hatte sich wohl keiner von ihnen ausgemalt. Auf diese Weise bekamen sie ein adäquates Startkapital und auch Partnerschaften mit Schauspielhäusern konnten geschlossen werden. Dadurch hat sich aber auch vieles verändert. Derzeit leben sie zu dritt in einer WG in Düsseldorf, in der sie aber nicht immer sind, denn alle drei haben noch zahlreiche Einzelprojekte und reisen viel herum. Zudem hat sich die Rollenaufteilung verändert. Sie haben nun eigene Leute für Ton, Licht, Kostüm und Bühnengestaltung. Kristofer muss inzwischen feststellen: "Es ist anders, als wenn man sich im kleinen Kreis zusammensetzt. Das komplette Stück ist wie ein organisches Projekt. Man muss sich jetzt über Vieles im Vorfeld Gedanken machen und abstrakte Ideen auf ihre Umsetzbarkeit hin prüfen."

Geheimrezept: "ein gemeinsames Bewusstsein"

Ihr Erfolg hat die Freunde aber nicht abheben lassen. So lehnt es Gesine ab über ihre Bekanntheit oder Popularität zu sprechen, sondern verweist lieber auf die Größe, die ihre Projekte inzwischen angenommen haben. Alles sei neu und anders, aber auch gewinnbringend. Man ginge zwar ein Verantwortungsverhältnis mit anderen ein, dafür gewännen sie aber gleichzeitig auch neue Expertise. Sie lacht und stellt fest: "Den Stein haben wir ins Rollen gebracht, den können wir jetzt nicht mehr stoppen."

Das gemeinsame Arbeiten und Wohnen scheint jedoch keiner von ihnen satt zu haben. Von Konflikten wollen sie nichts wissen und Kristofer glaubt, dass ihr Geheimrezept "ein gemeinsames Bewusstsein" sei. "Wenn wir abends zusammen in der Küche sitzen, sprechen wir nicht unbedingt über den Job." Es sei wichtig, dass man sich in der Gruppe findet und nicht gegeneinander denkt. Gesine und Kristofer geben zwar zu, dass das ständige Unterwegssein manchmal anstrengend ist, insbesondere neben ihren momentanen parallelen Großprojekten, den Diplomarbeiten. Ansonsten stört sie das Reisen aber nicht und ihre Zusammenarbeit sieht keiner von ihnen in Gefahr. Kristofer räumt lediglich ein: "Es ist schön, einen Ort zu haben, an den man immer zurückkommen kann."

Nächstes Stück kreist um Japan

Auf die Frage, ob die Drei, alle Ende 20, Visionen haben, antwortet Gesine mit einem schallend fröhlichen "Ja!". Ihr nächstes Großprojekt ist ein Stück über Japaner und Japanerinnen in Düsseldorf und trägt den Titel "Mori no Kokyu - Das Atmen des Waldes". Ihr Traum sei es, daraus eine Trilogie zu machen und selber einmal nach Japan zu reisen. Zunächst heißt es aber, sich auf die Premiere am 23. Mai vorzubereiten. Dazu wollen sie in die japanische Welt abtauchen. Roland Barthes "Das Reich der Zeichen", das sich mit der japanischen Zeichenwelt befasst, haben sie bereits gelesen. Jetzt geht es darum, Japan-Bilder und Motive weiterzuentwickeln und abzuwandeln, etwas Neues entstehen zu lassen. "Wir wollen in eine japanische Karaoke Bar gehen und singen - und Japaner kennenlernen", so Gesine. Das sollte ihnen in ihrer derzeitigen Heimatstadt nicht schwer fallen, denn in und um Düsseldorf leben rund 8.500 Japaner und Japanerinnen. Auf das Stück kann man durchaus gespannt sein, denn Kristofer verrät schon, dass es sich um keine klassische Bühnenkonzeption in Bezug auf Raum und Zeit handeln soll. Zurzeit experimentieren sie mit Kostümen und der Publikumsanordnung. STELLWERK wird bei der Premiere dabei sein und berichten.

Foto: Kristofer Gudmundsson, Stephan Stock, Gesine Hohmann (v.l.n.r.) (Privatsammlung Gesine)

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