Stellwerk Magazin

c/o pop Clubnacht Cashmere Cat & Ryan Hemsworth im CBE

Vorwort

Seit geraumer Zeit hat sich auf der Musikplattform Soundcloud eine neue Produzentengarde formiert. Ihr Kniff: ein Laptop, riskantes Halbwissen und eine halbironische Schwäche für die Nostalgie der Neunziger. Im Rahmen der c/o pop kamen zwei Gallionsfiguren dieser Cyber-Elitetruppe nach Köln. Magnus August Høiberg alias Cashmere Cat und der Australier Ryan Hemsworth brachten ihre Produktionen, die irgendwo zwischen Jersey Club, der Chopped-And-Screwed-Ästhetik des Südstaaten-Rap und Chillwave schweben, in den Club Bahnhof Ehrenfeld (CBE).

Er dringt an diesem Abend bis nach draußen, der Gegensatz von totaler Struktur und gleichzeitiger Vielfalt, der Kontrast zwischen ultra-klarem Klangbild und wahnsinniger Verspieltheit und Abgedrehtheit. Es sind Klänge wie warmes Wachs, Kastagnetten und Kirchenglocken, die sich zwischen Klaviertapser, angeschnittene Geigen und dämonisches Grollen drängeln. In der Halle raspelt dann auch noch Bassgeballer am Trommelfell. Die Zuschauermenge vor der DJ-Kanzel ist kurz nach 23.30 Uhr noch sehr überschaubar und auch das Zucken in den Gliedern des c/o pop-Volkes hält sich bisher arg in Grenzen. Das Set des Australiers Ryan Hemsworth läuft seit gut einer halben Stunde. Man fragt sich ein bisschen, was hier gerade passiert, sorgen seine Produktionen doch gerade wegen ihrer Tanzbarkeit in der Blogsphäre für Tumult.

Der 28-Jährige aus Halifax produziert ein seltsames Gemisch aus Rap, HipHop, Post-Rock und J-Pop und hat mit diesem Entwurf mittlerweile Remixe von Cat Power bis Waka Flocka Flame und dem dänischen Produzentenduo Quadron erledigt. In seinen eigenen Produktionen ist Hemsworth ein wenig konsistenter, aber nicht weniger weitreichend. Seine Original-Arbeiten tendieren in Richtung Rap Beats, die nicht selten an Trap erinnern, und Sounds, die auch aus den Laptoptasten eines Elektro-Produzenten stammen könnten. Diese werden von ihm, überlagert mit Synth-Spuren und gepitchten Vocals, ungeniert heruntergedreht. Außerdem im Backkatalog: Reworks von Songs der Backstreet Boys. Und als Ryan Hemsworth diese auch im CBE auspackt, ist endgültig Schluss mit dem reglosen Gestarre. Die Arme werden in die Luft geworfen, die Beine bewegen sich ausgelassen zum Beat und Songzeile für Songzeile wird lauthals mitgeträllert.

Ryan Hemsworth schafft es nach einigen Anlaufschwierigkeiten auf die Bedürfnisse der Besucher einzugehen, serviert gemashten HipHop vom Feinsten und wärmt die Menge auf für Cashmere Cat.

Harte Drums, gechoppte Vocals und allerhand obskure Samples – Magnus August Høibergs Klang hat seinen Ursprung im Jersey Club, jenem Hybrid aus HipHop, Downtempo, R’n’B und Trap, das seinen Ursprung im US-Staat New Jersey hat und das von DJs wie Tameil und Tim Dolla berühmt gemacht wurde. Cashmere Cats zeitgenössische Interpretation des Jersey-Club-Sounds hat ihn mittlerweile aus dem Schlafzimmer in die großen Studios gebracht. Er produziert für namhafte Rapper, zuletzt etwa für Ludacris, Wiz Khalifa und Jeremih.

Bei der Clubnacht im CBE besticht der Osloer neben seinen "Fremd"-Produktionen vor allem durch seine eigenen Tracks, die der 24-Jährige bereits auf zwei EPs veröffentlichte ("Mirror Maru", "Wedding Bells"). Sein Faible für Contemporary R’n’B und 8Ø8-Drums bleibt dem Publikum an diesem Abend nicht verborgen. Zwei Stunden spült Cashmere Cat dem Volk im CBE auf angenehme Weise das Hirn durch. Dann und wann erkennt man Stücke und Zitate, fühlt sich an damals erinnert. Die Musik ist durch die Bank ein seltsames Gemisch aus Ironie und Ernsthaftigkeit. Und sie macht Spaß. Viel Spaß.

Foto: aheadscreen.com