Stellwerk Magazin

Wolfgang-Hahn-Preis 2015 Let us talk about painting

Vorwort

Pünktlich am Vorabend zur ART COLOGNE am 14. April 2015 wurde im Museum Ludwig der Wolfgang-Hahn-Preis an die beiden Künstler Michael Krebber und R.H. Quaytman verliehen. Seit 20 Jahren wird der Preis Künstlern verliehen, welche sich durch ihr Œuvre zwar bereits einen Namen gemacht haben, deren Kunst jedoch in Deutschland noch nicht genügend Aufmerksamkeit zuteil wurde. Dieses Jahr geht er erstmals an zwei Künstler. Der Direktor des Museums Ludwig Yilmaz Dziewior betonte, dass das Hauptkriterium zur Wahl der Künstlers in der Qualität seiner Werke und seiner Stellung im aktuellen Kunstdiskurs liege. Darüber hinaus darf sich keines der Werke bereits in der Sammlung des Museums befinden. Verliehen wird der Preis von der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig, welche einen Ankaufsetat von maximal 100.000 Euro für die Sammlung des Museums zur Verfügung stellt. Die Preisverleihung und die Publikation wurden von der Bank Julius Bär gesponsert.

Bis zum Ende konnte die Jury sich nicht zwischen zwei Künstlern entscheiden: Michael Krebber und R. H. Quaytman. Der Vorschlag, einfach beide Künstler zu ehren, kam dabei von dem Gastjuror und Direktor des Moderna Museet in Stockholm Daniel Birnbaum. Nach Zustimmung der restlichen Jurymitglieder erhalten somit erstmalig zwei Künstler zugleich den Wolfgang-Hahn-Preis. Michael Krebber, 1954 in Köln geboren und der Stadt treu geblieben, unterrichtet an der Städelschule in Frankfurt. In der Kölner Kunstszene war er vor allem von den 1970er bis 1990er Jahre unterwegs und hat ein umfangreiches Werk geschaffen, welches sich durch Strategien des Offenlegens und durch das Untergraben hierarchischer Strukturen auszeichnet. Dabei bedient er sich der Malerei und zweifelt sie dennoch stetig an, hinterfragt die Mittel der Malerei und des Kunstbetriebes. Er ist auf der stetigen Suche nach dem Bild. Die amerikanische Künstlerin R. H. Quaytman wurde 1961 in Boston, MA, geboren, derzeit lebt und arbeitet sie in New York. Seit 2001 ordnet Quaytman ihre Bilder nach Kapiteln ("Chapters"), wobei sich jedes einzelne mit thematischen oder formalen Aspekten der Malerei auseinandersetzt. In einem Interview mit David Lewis im Januar 2009 für das Kunstmagazin "frieze" erklärte die Künstlerin, dass auch sie auf der Suche sei – eine Suche, die absolute Präsenz der Malerei zu erhalten und zugleich zu zerstören.

"Strings came together like a puzzlework"

Beide Künstler erstellten neue Werke für die gemeinsame Ausstellung. Die Gesellschaft für moderne Kunst erwarb davon zugunsten der Sammlung des Museum Ludwig die Arbeit MK/M 2015/05 von Michael Krebber und die Arbeit Preis, Chapter 28 von R. H. Quaytman. Für die Ausstellung ist besonders letztere interessant, da sie aus vier neuen Gemälden besteht, die Quaytman extra für den Ausstellungsort des Museum Ludwig geschaffen hat. Die vier Werke greifen Bildmuster und Polaroids früherer Kapitel auf und verweisen somit nicht nur auf die Kölner Ausstellungen von Quaytman, sondern auch auf den Künstler Michael Krebber. Es findet sich beispielsweise die Siebdruckversion eines Porträts aus Beard, Chapter 19 in einem der neuen Gemälde wieder und eben diese Installation (Beard, Chapter 19) war 2010 in der Bergen Kunsthall in Norwegen neben einem Werk von Krebber ausgestellt. So wird nicht nur auf den Co-Preisträger Michael Krebber und die gemeinsame Ausstellung verwiesen, sondern es werden Schnittpunkte und Begegnungen der Beiden betont. Das Bild greift die gemeinsame Vorgeschichte der Künstler auf und sucht somit den Dialog zu Krebber und seinem Werk. Quaytmans Arbeiten sind demnach nicht nur in Kapiteln geordnet, sondern fungieren auch wie die Kapitel einer Geschichte.

Preis, Chapter 28 von R.H. Quaytman

Beide Künstler gehören beinahe derselben Generation an, beide beschäftigen sich nicht nur künstlerisch, sondern auch theoretisch mit ähnlichen Fragestellungen zur Malerei. Ebenso haben sie mit Daniel Buchholz auch denselben Galeristen. So kann es nicht überraschen, dass beide Künstler begeistert über die Auswahl ihres jeweiligen 'Partners’ waren. Im Pressegespräch erklärte Krebber über die gemeinsame Ausstellung: "Strings came together like a puzzlework". Und Quaytman betonte die Fähigkeit Krebbers, mit seinen Werken eine Diskussion zu eröffnen und schlussfolgerte humorvoll, aber anerkennend: "I think he is braver than me". Doch zeigen sich nicht nur Parallelen. In der Darstellungsform und auch im Arbeitsprozess lassen sich ebenso deutliche Unterschiede zwischen den Künstlern erkennen. Krebbers Werke sind mit so geringen Mitteln umgesetzt, sodass sie bei dem Betrachter den Eindruck des Unvollendeten erwecken. Quaytmans Bilder haben wiederum den Anschein, als handele es sich gar nicht um Malerei, sondern um maschinell bearbeitete Oberflächen. Während Quaytman konzeptuell strikter vorgeht und beispielsweise in Serien arbeitet, bevorzugt Krebber ein planloses, freieres Vorgehen.

Das verbindende Element zwischen den Künstlern, das die Ausstellung zu einem stimmigen Gesamtbild vereint, pointierte der Direktor des Museums Ludwig Yilmaz Dziewior auf der Pressekonferenz: Die Ausstellung zeige die "Unmöglichkeit der Malerei". Die Werke der beiden Künstler sind nicht für jeden unmittelbar zugänglich, was auch daran liegt, dass es sich nicht um klassische Beispiele dieser Gattung handelt. Bei einem genaueren Blick auf die Arbeitsweise der Künstler erkennt man jedoch den aufwendigen und aktuellen Einsatz von Materialien und die kritische Auseinandersetzung mit der Frage, wie Malerei heute im Jahre 2015 aussehen kann. Für Quaytman und Krebber ist dieses Medium der Kunst alles andere als eine überalterte Gattung, deren Möglichkeiten mit der Zeit ausgeschöpft wurden. Sie zeigen, dass sich die Malerei weiterentwickelt hat, stets noch aktuell sein kann und Potentiale birgt. Durch die Auswahl dieser beiden Künstler befasst sich die diesjährige Ausstellung zur Preisverleihung also erstmals mit einem übergreifenden Thema – der Malerei. Es ist der Versuch eine Diskussion anzuregen, die sich die Frage stellt, was das aktuelle Wesen der Malerei ausmachen könnte.

R. H. Quaytman: "Krebbers Werk war eine der wenigen schlüssigen Beweisführungen in Sachen Malerei, die mir je der Beschäftigung und Entgegnung wert erschienen. Aus meiner Sicht öffnet sein Werk ein Feld, anstatt dass, wie man es sonst erlebt, ein Feld geschlossen wird. In meiner eigenen galoppierenden Kunstgeschichte ist er Polke dicht auf den Fersen."

Michael Krebber & R. H. Quaytman

Eine weitere Besonderheit erlangt die Ausstellung durch ihre Einbettung und Verbindung mit den anderen Ausstellungen im Museum Ludwig. In unmittelbarer Nähe zu den ausgestellten Werken von Quaytman und Krebber, findet man Werke von Gerhard Richter, die dessen unterschiedliche Schaffenssphasen widerspiegeln. Und auch Sigmar Polke gibt es derzeit mit einer Retrospektive im Ludwig zu sehen. Hier findet sich eine weitere übergreifende Verbindung. Polke war schon in frühen Jahren ein Vorbild für Krebber. Krebber lernte den Künstler Polke bereits als Schüler kennen und hätte, nach eigener Aussage, gerne bei ihm studiert. Polke war zu dieser Zeit jedoch noch nicht als Lehrer tätig. Auch Quaytman sieht Krebber dicht auf den Fersen Polkes.
Somit beherbergt das Museum aktuell vier Künstler, die sich auf ihre jeweils eigene Art intensiv der Gattung Malerei gewidmet haben und stets noch widmen. Das Museum Ludwig bietet auf diese Weise auch das Sprungbrett für eine tiefergehende Diskussion über die Bedeutung und die Möglichkeiten von Malerei im Jahre 2015 – So, let’s talk about painting!

Fotos: Catharina Coblenz

Die Redaktion empfiehlt passend zu diesem Artikel:

Wolfgang-Hahn-Preis 2015