Stellwerk Magazin

Interview Land in Sicht

Vorwort

“Land in Sicht“ ist eine Lesereihe für junge Literatur in Köln. Seit Oktober 2014 stellen Autorinnen und Autoren im Café Fleur einmal im Monat ihre Texte vor, egal, ob Lyrik, Prosa oder dramatischen Text.

Am 9. Juni fand die letzte Lesung vor der dreimonatigen Sommerpause statt. Eine gute Gelegenheit, um mich mit einer der Mitorganisatorinnen von “Land in Sicht“, Franziska Haag, über die Lesereihe und ihre Finanzierung zu unterhalten.

Land in Sicht wird organisiert von Mario Frank, Franziska Haag, Kevin Kader, André Patten und Lara Schmitz.

© Silviu Guiman

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eine Reihe wie "Land in Sicht“ ins Leben zu rufen? Und wie habt ihr euch als Gruppe zusammengefunden?

André und Kevin hatten die Idee, sie kommen aus Köln und wussten deswegen wohl am Besten, was fehlt, was man vermissen könnte. Die beiden haben uns alle an ganz verschiedenen Orten zusammengesucht: Mario kannte André von einer früheren Zusammenarbeit. Lara war auf einer Lesung von André und kam danach mit ihm und Kevin ins Gespräch. Ich habe André und Kevin auf dem Prosanova in Hildesheim kennengelernt. Sie erzählten mir von ihrer Idee, ich war damals neu in Köln, deswegen habe ich mich tierisch gefreut, dort zwei Kölner zu treffen. Wir haben uns kurz darauf zum ersten Mal getroffen. Wir hatten alle Lust auf so ein Projekt, da eine Lesereihe gerade für junge Autoren in Köln fehlte. Also haben wir uns auf die Suche nach einer Location gemacht, beim Gewerbeamt eine GbR angemeldet, und dann ging alles recht schnell. Im Sommer hatten wir unser erstes Treffen und im Oktober fand bereits die erste Lesung statt. Pünktlich zum Semesterstart – wir dachten, das sei auch ein guter Zeitpunkt, um die ganzen Erstis anzusprechen.

War das ein Erfolg mit den Erstis?

Ja, das war krass: tatsächlich eher nicht. Wir haben wohl damit gerechnet, dass wir viel mehr Unipublikum haben werden, aber eigentlich...

...habt ihr es überhaupt nicht.

Ein bisschen, aber nicht nur. Nicht gezielt nur Unipublikum.

Welche Parameter (z. B. Kontakte) waren für das Entstehen eurer Lesereihe bedeutsam?

Ich glaube, es war wichtig, dass André schon viel Erfahrung hatte. Zum Beispiel durch FANG 1ehemaliges Literaturmagazin. Anm. Red.) . Er wusste, dass wir am besten eine GbR gründen sollten und wie und wann man Fördergelder beantragt – und dass es überhaupt möglich ist, auch für uns. Außerdem schreiben er und Kevin selbst und kennen einige Autoren. Das war wichtig für den Anfang. Wir sind zwar alle sehr literaturinteressiert, aber haben nie darüber nachgedacht, so etwas selbst in die Wege zu leiten.

Ihr werdet von der Kulturförderung der Stadt Köln unterstützt. War es schwierig, die Fördermittel zu erhalten? Hattet ihr Alternativen?

Zu dem Zeitpunkt hatten wir noch keine Alternativen, aber das entwickelte sich alles im Laufe der Zeit. Wir haben mittlerweile vor, noch weitere Fördermittel zu beantragen. Zum Beispiel beim NRW KULTURsekretariat. Aber damals dachten wir zuerst an die Stadt Köln. Es war viel Aufwand diesen Erstantrag zu schreiben, man muss viel Arbeit reinstecken, um die Projektbeschreibung spannend zu gestalten. Außerdem haben wir uns persönlich vorgestellt. Erzählt, was unsere Ziele sind, unsere Motivation und warum wir denken, dass das Projekt einzigartig ist. Dann haben wir den Förderantrag abgegeben und konnten nur hoffen. Zum Glück haben wir den Zuschlag bekommen!

Über welchen Zeitraum werdet ihr gefördert?

Das war bisher immer für ein Jahr. Dieses Jahr haben sich die Fristen aber geändert und es wird immer ein Antrag für eine Jahreshälfte geschrieben. Es gibt eine Frist am 30. Juli und am 30. Dezember, jeweils für das nächste halbe Jahr. Wir haben den Förderantrag für die erste Hälfte 2017 schon rausgeschickt. Leider ist die Haushaltsausschüttung erst gegen Mitte/Ende des Jahres. Da trägt die Stadt Köln keine Schuld dran, aber so lange müssen wir in Vorkasse gehen, weil wir die Fördergelder eben noch nicht haben. Zum Glück gibt es einen Antrag auf vorzeitigen Maßnahmenbeschluss. Mal sehen, ob sich die Wartezeiten durch die neue Halbjahresförderung ändern.

Würde das Ende der Förderung auch das definitive Ende von "Land in Sicht“ bedeuten?

Gerade schon, das ist unsere einzige richtige Geldquelle. Aber in der Not, denke ich, würden wir noch eine tolle andere Möglichkeit finden. Nein, es müsste nicht aufhören! Bis wir eine neue Förderquelle gefunden hätten, müssten wir halt Autoren finden, die nur einen kleinen Anreiseweg haben, bei denen also keine Reisekosten anfallen und denen wir ein kleineres Honorar bezahlen würden, vielleicht abhängig von den Eintrittseinnahmen. Aber Autoren und Autorinnen aus ganz Deutschland einzuladen, wäre dann erst einmal unmöglich.

Wofür braucht ihr die Fördermittel überhaupt?

Der Großteil fließt in Honorarleistungen. Wir veranschlagen dabei eine Pauschale für Reise- und Honorarleistungen. Wenn die Autoren zum Beispiel Sparpreise nutzen, bleibt ihnen mehr Honorar. Die Technik müssen wir für jede Veranstaltung ausleihen. Auch für Werbung, also Plakate und Flyer, geht Geld drauf.

Und für das Café Fleur müsst ihr nichts bezahlen?

Nein, da müssen wir nichts bezahlen. Das Fleur-Team freut sich total über die Veranstaltung. Am Anfang haben sie uns außerdem viel Power gegeben, weil sie so motiviert waren und uns bei jeder Veranstaltung geholfen haben, z.B. die Technik aufzubauen, umzustuhlen. Das ist echt gut!

Bekommt jeder Autor dieselbe Gage?

Wie gesagt, es handelt sich um eine Pauschale und die fällt unterschiedlich hoch aus. Je nach dem, woher die Autoren kommen. Bei Leuten aus Köln und Umgebung fallen die Reisekosten weg, die bekommen dann ein reines Honorar. Bei Leuten, die beispielsweise aus Wien oder Berlin kommen und für die Anreise schnell über 100 Euro bezahlen, wäre es natürlich unangebracht nur diese 100 Euro zu zahlen, weil dann überhaupt nichts mehr für sie übrig bliebe. Zu Beginn hat noch nicht jeder Autor etwas bekommen. Es ging vielmehr darum, Reisekosten zu erstatten als Honorare auszuzahlen. Aber so etwas entwickelt sich. Wir wollen, dass in Zukunft auch die Fotografen und die Leute, die die Plakate machen, entlohnt werden. Das hängt eben auch von den bewilligten Fördersummen ab. Mit der Zeit wachsen wir an unseren Aufgaben und werden auch in den Kalkulationen für Förderanträge immer besser – wir wissen inzwischen, wo wieviel Geld anfällt und wie viel wir beantragen müssen.

Kann man sich als AutorIn einfach bei euch bewerben oder werbt ihr Leute an?

Einerseits gibt es die Einsendungen, damit Leute, die noch nicht auf sich aufmerksam gemacht haben und die wir nicht finden würden, uns Texte zuschicken. Und andererseits gibt es Autoren, die von uns eingeladen werden. Viele Leute finden wir über diverse Kunstförderpreise, Shortlists, Anthologien oder Literaturzeitschriften. Die meisten Autoren sind ja inzwischen mit ihren Texten irgendwo im Internet vertreten. Bisher hatten wir auch einige Autoren aus dem DLL2Deutsches Literaturinstitut Leipzig. Anm. Red.) und der Schreibschule in Hildesheim zu Gast.

Und wie viele Leute bewerben sich bei euch initiativ?

Am Anfang waren es eher wenig, inzwischen werden es mehr. Ich glaube, es war allen nicht so bewusst, dass diese initiativen Bewerbungen möglich sind. Aber es kommt immer schubweise nach jeder Veranstaltung. Ist also vollkommen in Ordnung so, es sind nicht zu wenige.

Habt ihr bestimmte Kriterien, nach denen ihr die AutorInnen auswählt?

Wenn wir den Abend zusammenstellen, ist es wichtig, eine gute Mischung zu haben, das ist ja logisch. Wir wählen nicht zwingend demokratisch aus, wenn sich einer aus dem Team total für jemanden einsetzt, dann kann der auch genommen werden. Auch wenn die anderen vier dagegen sind. Aber man muss das eben gut begründen, warum man genau diesen Autor dabeihaben will.

© Silviu Guiman

Wird das Konzept aus eurer Sicht gut vom Publikum angenommen?

Ja. Am Anfang, als wir nach einer passenden Location gesucht haben, haben wir nur mit ungefähr 30 Leuten gerechnet und dann waren bei der ersten Veranstaltung über 100 Leute da. Das war unglaublich. Inzwischen haben sich die Besucherzahlen bei 60-70 eingependelt. Damit das so bleibt, haben wir vor, mehr szenische Lesungen mitreinzumischen. Oder so etwas wie Lydia Daher gemacht hat, die bei unserer ersten Veranstaltung zu Gast war. Sie hat ihre Collagen an die Wand projiziert und Gedichte dazu vorgelesen. Kooperationen mit anderen Initiativen sind auch im Gespräch. Aber ansonsten finden wir es ganz schön, dass die Autoren einfach ganz ruhig ihren Text vorlesen. Durch die Mischung von vier Autoren pro Abend wird es auch nicht langweilig, es muss nicht jedem alles gefallen und doch kann jeder Gast immer noch neue Texte entdecken, die ihm gefallen.

Deswegen junge Literatur?

Genau, deswegen die junge Literatur, die auf jeden Fall entdeckt werden muss, weil es so viele Plattformen gibt. Daher auch der Name "Land in Sicht“, man geht fast unter in diesem Meer von jungen Schreibenden und dann ist es doch schön, ein paar Inseln zu finden, wo man sich niederlässt, zuhört und denkt: wow, paradiesisch!

Header: Mario Frank

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