Stellwerk Magazin

40. Kölner Mediaevistentagung "Irrtum – Error – Erreur"

Vorwort

Die Mediaevistentagung an der Universität zu Köln ist als Tagungsreihe im Zweijahresrhythmus bereits seit 1950 etabliert. Seit jeher wird die Veranstaltung vom Thomas-Institut der Universität zu Köln geplant und ist international sowie interdisziplinär ausgerichtet. In Referaten werden aktuelle Probleme aus der Forschung vorgestellt und diskutiert.

Vortragssaal

Die Leitfrage der diesjärigen 40. Mediaevistentagung lautete "Was können wir aus dem Problem der Irrtümer lernen?". Ziel war es, ein ganzes Themenfeld aufzuschließen, das sich aus philosophischer Perspektive epistemischen Problemstellungen nähern sollte. Auch die breiten Semantiken des Feldes wurden diskutiert, wie zum Beispiel Phänomene des Nichtgelingens und die Möglichkeiten menschlichen Erkennens und Wissens und der daraus resultierenden Praxis. Einer der Hauptorganisatoren, Dr. Maxime Mauriège, verriet mir vor Tagungsbeginn, dass etwa 200 Teilnehmer/innen angemeldet seien. Teil der Tagung war unter anderem auch ein internationales Kolloquium mit dem Titel "Irrtum und Fortschritt – Mittelalterhistoriographie im Wandel", welches am Vortag der Tagung stattfand.

Tradition und Inspiration

Offiziell begann die 40. Kölner Mediaevistentagung dann am darauffolgenden Dienstag. Mit einem Begrüßungswort eröffnete Prof. Dr. Andreas Speer, Schirmherr der Veranstaltung, die Redner/innen und Teilnehmer/innen. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, an die Anfänge der Tagungsreihe zu erinnern: Am 10. Oktober 1950 fand nämlich die erste Mediaevistentagung in Köln statt. Prof. Dr. Andreas Speer streute immer wieder unterhaltsame Anekdoten ein, etwa, dass ein reger Forschungsaustausch schon damals mit Zigarillos gefrönt wurde.

Maria Jose Jaramillo Gomez, Philosophin aus Kolumbien, freute sich am meisten auf den Festvortrag von Prof. Dr. Dominik Perler aus Berlin. Unter dem Titel "Was Adam Prone to Error? A Medieval Thought Experiment" ging er der Frage nach, warum Adam die verbotene Frucht aß, obwohl er doch das nötige Maß an Wissen besaß. Aus mediävistischer Perspektive konnte der Frage nachgegangen werden, wo und warum Menschen sich irren. "Der Vortrag war ziemlich gut. Es gibt im Allgemeinen keinen Unterschied zu den vergangenen Tagungen, auch wenn es sich diese Mal um eine Jubiläumsveranstaltung handelt." Gomez war auch dieses Jahr wieder sehr begeistert.

Dr. Albrecht Dröse von der TU Dresden untersuchte Narrenfigurationen des 15.-16. Jahrhunderts aus philosophischer Sicht. Es ging ihm dabei weniger um die rhetorische Gattung der Schmährede, als vielmehr um literarische Inszenierungen von Irrtum und Ignoranz. Mit diesem Beitrag wurde die heutige Aktualität bestimmter Thematiken aus dem Mittelalter deutlich, denn er analysierte in seinem Beitrag unter anderem Invektive. Dröse betonte, dass Invektive schon damals Eskalationen in Gang setzen konnten, was heute auch in den sozialen Medien wie Facebook oder Twitter geschehe. Auch Pegida-Anhänger mit ihren Hassreden seien hier als Beispiel zu nennen.

Prof. Dr. Monika Schausten referierte in ihrem Vortrag "Zwischen Wissen, Neugierde und Glauben: Von der produktiven Kraft des Irrtums in Hartmanns von Aue Der arme Heinrich" über Irrtümer oder auch die sogenannte Krise in den Artusromanen sowie über Irrwege, Um- und Abwege der Lebensläufe und über Opferannahme und Verzicht in Bezug auf narrative Strukturen. Jüngst fungierte Schausten auch als Mitherausgeberin des Bandes "Dingkulturen. Objekte in Literatur, Kunst und Gesellschaft der Vormoderne" (De Gruyter 2016).

"Das Interdisziplinäre inspiriert!"

"Bis jetzt ist es die 14. Tagung für mich. Das Interdisziplinäre inspiriert! Natürlich auch die eigene Fachrichtung, aber so kommen einfach die besten neuen Ideen zustande." (Prof. Dr. Marie Bláhová)

Viele Teilnehmer/innen der Tagung sind bereits alte Bekannte. Für viele ist es bereits eine Art Tradition, im Spätsommer nach Köln zu fahren. So etwa auch für die Historikerin Prof. Dr. Marie Bláhová aus Prag: "Bis jetzt ist es die 14. Tagung für mich. Das Interdisziplinäre inspiriert! Natürlich auch die eigene Fachrichtung, aber so kommen einfach die besten neuen Ideen zustande." Auch Konstantin Maier, ebenfalls Historiker, zeigte sich euphorisch: "Hier ist die geballte philosophische Macht versammelt. Ich habe es Andreas Speer beim Abendessen bereits gesagt, dass es keine Kritikpunkte an der Veranstaltung gibt. Jeder war bei allen Vorträgen dabei. Es ist einfach ein schönes Beisammensein." Auch für die Theologin Susana Bullido del Barrio vom Albertus-Magnus-Institut in Bonn ist die Teilnahme bereits Tradition: "Auch in zwei Jahren werde ich wieder dabei sein. Ich habe die Tagung bereits fünf- oder sechsmal besucht. Mir ist der Vortrag von Dr. Elisa Rubino 'Error in Geomantic Science. The Geomantia of William of Moerbeke' sehr im Gedächtnis geblieben. Des Weiteren fand ich auch Prof. Dr. Eileen Sweeney aus Bosten mit dem Titel 'When it was wrong? Models of Argument and Interpretation from the 12th to the 13th' sehr gut." Während Dr. Elisa Rubino sich mit der Geomantik auseinandersetzte, welche in Wilhelm von Moerbekes Traktat als scientia vorgestellt wird, nahm Prof. Dr. Eileen Sweeneys Vortrag das Augustinische Modell zum Ausgangspunkt, um sich der Problematik des Irrtums anzunähern.

Am letzten Tag wurde von Prof. Dr. Andreas Speer allen Mitwirkenden im Schlusswort ein großes Dankeschön ausgesprochen. Auch die interdisziplinäre Ausrichtung der Tagung fand lobende Anerkennung: "Mit Erleuchtung hat es nichts zu tun, man muss sich schon durch die Quellen wühlen. Durch diese Veranstaltung ist es jedoch möglich, schnellere Durchblicke und Einblicke in Themen zu erhalten, in die man sich sonst erst einarbeiten müsste. Es hilft einfach, mal anders zu denken. Die Veranstaltung hat für neue Impulse gesorgt und auch Forschungsbeiträge, die 100 Jahre alt sind, gewinnen somit wieder an Aktualität."

Bereits in diesem November wird es ein Treffen bezüglich der 41. Mediaevistentagung im Jahr 2018 geben.

Andreas Speer

Fotos: Veronica Mastrogiovanni

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