Stellwerk Magazin

Ausstellungskritik Konnex

Vorwort

Die drei Künstlerinnen Christiane Lenzhölzer, Ailine Meier und Diana Ordóñez, die alle an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft (Bonn) Kunsttherapie studieren, stellten während ihrer Vernissage Konnex am 25.11.2016 Werke rund um die Themen Verbundenheit/Menschlichkeit/Körperlichkeit im kleinen Showroom Art Downstairsß in Köln-Nippes aus. Die präsentierten Techniken und Darstellungsformen reichten von Ölgemälden über Zeichnungen und Fotografien bis hin zu Drahtinstallationen. Musikalisch untermalt wurde der Eröffnungsabend der Ausstellung von Harald Sack Ziegler.

Ein unscheinbarer Eingangsbereich, mit rotem Teppich ausgelegt, führt die Stufen hinab ins Art Downstairs; ein Atelier, das für gewöhnlich von der KunstWerkSchule in Köln-Nippes genutzt wird, für den heutigen Abend jedoch in einen Showroom umgewandelt wurde. Es ist ein offener, schmaler Raum mit weißen Backsteinmauern und einem Kieselsteinweg am Bodenrand, der einen direkten und spontanen Überblick über die ausgestellten Werke bietet.

Auch fernab der Wände, an denen die Gemälde und Installationen präsentiert werden, sind die Spuren der Kunst deutlich zu sehen: Farbflecke verzieren den Boden des kleinen Ateliers und verstärken sogleich den Eindruck des künstlerischen Ambientes. Am Ende des flurartigen Raums befindet sich ein zweites Zimmer, aus dem schummriges Rotlicht und Lichteffekte scheinen; im Hintergrund erklingt psychedelische Musik. Die Atmosphäre ist ideal, um abstrakte und unkonventionelle Kunst zu präsentieren und man fühlt sich eingeladen, die Werke zu erkunden. Unterstützend sind die freundlichen und offenen Ausstellerinnen gerne bereit, ihre Installationen und Zeichnungen vorzustellen. Auf unterschiedliche Weise haben sich die drei Frauen, die alle Kunsttherapie an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Bonn studieren, mit dem Thema Menschlichkeit auseinandergesetzt.

So präsentiert zum Beispiel Diana Ordóñez in ihrem Werk "Wiederum" (2016) die verschiedenen Ebenen eines Menschen. In Form von Zeichnungen stellt sie unterschiedliche Gemütszustände dar, die in einer Person zusammenkommen und so die Facetten einer Persönlichkeit bilden. Fast wirkt es in ihren Bildern so, als wolle das zweite Ich ausbrechen, als wolle man seinen Körper verlassen. Die Idee für die Darstellung doppelter Persönlichkeitsmerkmale kam ihr im Zusammenhang mit dem Zeichenprozess, bei dem man sehr viel beobachtet und auf diese Weise die unterschiedlichsten Ausdrücke und Gebärden eines einzelnen Menschen wahrnimmt.

Diana Ordóñez, "Wiederum" (2016) | © Martin Böer

Ihre Mit-Ausstellerin Ailine Meier hingegen setzt sich mit dem Thema Körperlichkeit auf ganz andere Art und Weise auseinander. Sie präsentiert an diesem Abend Drahtskulpturen, die auf eine Form des kunsttherapeutischen Zeichnens anspielen: das Blindzeichnen. Bei dieser Methode ertastet man sein Gesicht und versucht, mit geschlossenen Augen aufzumalen, was man erfühlt hat. Da das Ergebnis sie so sehr an Draht erinnert hat, hat sie sich gleich dazu entschlossen, das Ertastete mit Drahtinstallationen nachzubauen: Zunächst formte sie Köpfe und Gesichter und schließlich auch den gesamten Körper. Spannend an den Kunstwerken, die sie entworfen hat, ist insbesondere das Schattenspiel, das von den Skulpturen ausgeht. Die leichten Schatten, die wie zusätzliche Skizzen wirken, verleihen den Umrissen der Drahtfiguren Tiefe. Auf diese Weise entsteht ein Kontrast von dem statischen Draht zu den lebendigen, aktiven Speedlines im Hintergrund, der das Werk vor allem auszeichnet.

Ailine Meier, o.T. | © Martin Böer

Die dritte Künstlerin Christiane Lenzhölzer hat ihre Gedanken zum Thema Verbundenheit in Form einer fragmentarischen, notizartigen Foto-Installation präsentiert. In dieser Arbeit mit dem Titel "Vermutlich Verbindlichkeit" (2016) setzt sie sich mit unterschiedlichen Bereichen der Zwischenmenschlichkeit auseinander und stellt sich die Frage, inwieweit sich die Welt und das Miteinander der Menschen verändert hat. Dabei legt sie den Fokus durchaus auch auf sich selbst, hinterfragt ihre Definition von Verbundenheit am Beispiel von Freundeskreis oder Familie. Für diese Arbeit hat Lenzhölzer bewusst die Form einer fragmentarischen Collage gewählt, die das Publikum "zum Entdecken" und "zum Nachdenken" anregen soll, so die Künstlerin. Denn wichtig sei, so Lenzhölzer weiter, dass "zwischen Bild und Betrachter ein Dialog entsteht".

Christiane Lenzhölzer, "Vermutlich Verbindlichkeit" (2016) | © Martin Böer

Als musikalischer Live-Act präsentiert Harald Sack Ziegler seine - so der Künstler selbst - "experimentelle, improvisierte Musik mit skurriler Instrumentation". Es handelt sich bei ihm tatsächlich um einen höchst ungewöhnlichen Musiker, der sich seine Rolle als – wie er selbst formuliert – nicht-festgelegter und musikalisch flexibler "Geheimtipp" nicht nehmen lassen möchte. So rätselt man bereits bei seiner Bühnenausstattung, was einen erwarten wird. In Rotlicht getaucht stehen Rasseln, Glocken, Kaffeebecher-Deckel und Spielzeug-Instrumente aufgereiht und warten nur darauf, Teil der Improvisation zu werden. Wie genau die Musik heute klingen wird, weiß Harald Sack Ziegler selbst noch nicht; er möge "Überraschungseffekte". Mithilfe einer Loop-Maschine und seinem bunt gemischten Repertoire an Instrumenten bzw. Sounds (z.B. Spielzeug-Delfine, Walkie-Talkies) entstehen vor den Augen und Ohren des Publikums einzelne Tracks: Ziegler macht die Musik sichtbar und nachvollziehbar; nach und nach baut er seine Songs auf, rhythmisiert sie, fügt Melodien durch sein Horn-Spiel ein und legt dem Publikum somit den Entstehungsprozess von Musik offen. Das skurrile, ungewöhnliche Fußbodenkonzert verbindet sich gut mit den unkonventionellen Kunstwerken der drei Ausstellerinnen und verleiht der Vernissage etwas Besonderes. Wie die Musik, so regt auch die Kunst das Publikum zum Nachdenken an; man lässt sich überraschen von der Wirkung der Arbeiten und versucht, so wie es sich Christiane Lenzhölzer wünscht, mit ihnen in einen Dialog zu treten. Dazu trägt bereits der Titel der Ausstellung Konnex bei: Assoziationen rund um die Begriffe Verbindung und Beziehung werden geweckt, die sich schließlich auch in den Gemälden und Installationen der Künstlerinnen wiederfinden lassen.

Musikset Harald Sack Ziegler | © Martin Böer

Header-Bild: Martin Böer