Stellwerk Magazin

Krimi-Hörspiel Die "Krimi Komplizen"

Vorwort

“Links, Zwo, Drei - Mord” | In der Villa eines ehrwürdigen Generals findet ein Mord statt. Eine junge Frau wird von einem Boot aus zufällig Zeugin dieses Vorfalls und schlägt Alarm. Die Polizei hegt Zweifel, denn eine Leiche wird nicht gefunden. Einzig Kommissarin Deutz forscht eindringlich nach und bald beginnt ein mörderischer Wettlauf gegen die Zeit.

Leitung: Felix Strüven; Darsteller: Eva Becker, Davina Donaldson, Felix Strüven, Sven Gey

Nächste Vorstellung: Die Krimi-Komplizen und der fehlende Staubsauegrbeutel. 12. Januar 2017 um 20 Uhr in der Wohngemeinschaft in Köln.

Es ist Freitagabend und ich sitze im Keller des Kulturcafé Lichtung in Köln. Auf der Bühne sitzen vier Darsteller, mit jeweils einer Requisite in der Hand und dem Drehbuch vor sich auf dem Tisch, es ist schummerig dunkel. Sofort fühle ich mich an eine Theaterprobe erinnert. Darsteller Felix Strüven begrüßt das Publikum und bittet um Ruhe. Es ist soweit, mein erstes Live-Hörspiel. Ein Hörspiel zu hören, ist für mich zwar nichts Besonderes, nur tue ich dies, wie vermutlich der Großteil aller Hörer, für gewöhnlich allein daheim, im Bett oder beim Aufräumen. Nun sitze ich jedoch dicht an dicht mit vielen anderen überwiegend Mitzwanzigern bei Bier und anderen Drinks auf einer Holzbank im Keller. Ich weiß, dass die "Drei Fragezeichen“ schon Konzerthallen gefüllt haben und dabei berühmte Fälle live vortrugen, doch bis zu diesem Abend ging ich davon aus, dass es eher der Hype um die kultigen Detektive sei, der zu vollen Rängen führte. Die "Krimi Komplizen" sind jedoch noch weit von der Popularität der "Drei Fragezeichen" entfernt.

Die nächsten 70 Minuten lausche ich den vier Mimen, die die meiste Zeit sitzend auf der Bühne verbringen, begleitet von einigen Soundeffekten. Diese Soundeffekte sind es auch, die sofort ihre Wirkung entfalten. Binnen weniger als 2 Minuten bin ich drin. Die Vorstellungskraft setzt ein und ich befinde mich mit zwei Darstellerinnen in einem Boot auf dem Rhein, höre das Wasser und die Möwen, mit den anderen zwei Darstellern bin ich in einer Villa in Rodenkirchen. Ein Schuss, ein Mord! Es ist ein Suspense-Krimi. Werden Kommissarin Deutz und ihr Kollege Ehrenfeld herausfinden, was ich weiß, da ich ja Ohrenzeuge des Mordes war? Oder wird es ein weiteres Opfer geben? Zugegeben die drei Ermittler sind zunächst nicht gerade Holmes und Watson, sie erinnern eher an Columbo und werden nicht für voll genommen. Ich höre eine Boulevard-Krimi-Komödie.

Die Stärke dieser Inszenierung ruht auf zwei Pfeilern: zum einen den liebevoll entworfenen Charakteren: Mutter und Tochter, den drei Ermittlern, dem Wolf im Schafspelz; zum anderen den wirklich sehr professionellen Sprechern, allen voraus Felix Strüven. Sein Claas Ehrenfeld, wie er ihn in Köln nennt, erinnert an gute "Drei Fragezeichen"-Folgen und ist einem von der ersten Sekunde an sympathisch. Von diversen Phobien getrieben stellt man sich hier einen kleinen, dürren Mann mit riesiger Brille vor, einen akkuraten Beamten. Zugegeben, die Brille muss man sich nicht vorstellen, sie ist die Requisite, die der Darsteller trägt. Strüven ist zugleich auch der Autor des Drehbuchs und der Regisseur der Inszenierung.

Aber auch die anderen Darsteller überzeugen. Davina Donaldson erinnert an taffe Tatort-Kommissarinnen, die stets alles im Griff haben und mit einer Mischung aus Attraktivität und einem scharfen Verstand jeden Ganoven dingfest machen. In ihrer zweiten Rolle im Stück, der Mutter der Zeugin, ist man sicher, dass sie Leopard Fell-Aufdruck und hochhakige Pantoffel als stilvoll ansieht: eine rheinländische Peggy Bundy. Eva Becker spielt die Tochter dieser Miss Bundy. Nie wird so richtig deutlich, wie alt diese Tochter ist, so sehr ist sie unter dem besagten Pantoffel ihrer Mutter. Das geschiedene Mauerblümchen fasziniert trotzdem. Auch der Vierte im Bunde, Ermittler und Militär, gesprochen von Sven Gey, macht einen guten Job. Seine Stimme bringt einem immer wieder eine Gänsehaut auf den Rücken, wenn er als unangenehm strahlender Militär versucht, Eva Becker, die Zeugin des Mordes, um den Finger zu wickeln. Und was ist die Verbindung zwischen diesem Kriegshelden und Claas Ehrenfeld? Auch dieses Geheimnis gilt es zu lüften.

Die Spieldauer fliegt so dahin, während man entweder mit geschlossenen Augen nur den wirklich eindrucksvollen Stimmen lauscht oder auf die Requisiten, die gerne auch mal einen Moment zu lang auf den Häuptern ihrer Sprecher verweilen, achtet. Keiner dieser vier Sprecher bräuchte die Requisiten jedoch, da sie es alle verstehen, ihren unterschiedlichen Charakteren so distinkte Dialekte und Prosodien zu verleihen, dass man auch mit geschlossenen Augen die Szenenwechsel versteht. Die Drehbücher auf dem Tisch und der Vergleich zur Theaterprobe sind schnell vergessen.

Logo "Krimi Komplizen" | © Hannah Berghus // Foto "Bühne" | © Felix Strüven

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