Stellwerk Magazin

Acht Brücken-Festival „Ton. Satz. Laut.“

Vorwort

Am 7.Mai 2017 fand das diesjährige Abschlusskonzert des Festivals ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln in der Philharmonie statt. Präsentiert wurden drei Werke der in Berlin lebenden südkoreanischen Komponistin Unsuk Chin, welche die diesjährige Zentralfigur des Festivals war. Neben dem SWR Symphonieorchester unter der Leitung von Tito Ceccherini traten als Solisten der südkoreanische Pianist Sunwook Kim und die australische Sopranistin Siobhan Stagg auf.

Unsuk Chin | ©ArenaPAL/Eric Richmond

Das Acht Brücken-Festival der Stadt Köln, das vom 28. April bis zum 7. Mai stattfand, stand dieses Jahr unter dem Motto „Ton. Satz. Laut.“. Die Kompositionen der Neuen Musik drehten sich dabei frei um das Themenpaar Musik und Sprache; wie hängen Musik und Sprache zusammen? Und wie lässt sich Musik als Sprache verstehen? Im Mittelpunkt des Festivals stand dieses Jahr nicht umsonst die Komponistin Unsuk Chin. Die gebürtige Südkoreanerin, die nun in Berlin lebt, gehört zu den renommiertesten Komponistinnen der Neuen Musik. Denn ihre Werke sind geprägt durch einen eigenen, internationalen Stil und umspielen stets den Themenkomplex Musik und Sprache.

So widmete sich auch das Abschlusskonzert des Festivals der Komponistin. Unter dem Titel Unsuk Chin im Porträt II wurden ihre Werke „Graffiti“, „Konzert für Klavier und Orchester“ und „Puzzles and Games from Alice in Wonderland“ präsentiert. Drei Kompositionen, die sich sehr voneinander unterscheiden, aber dennoch durch ihren Bezug zu Sprache und bildhaften Assoziationen miteinander verknüpfbar sind.

„Graffiti“

Die erste Komposition „Graffiti“ (2012-13), die von dem SWR Symphonieorchester unter der Leitung von Tito Ceccherini interpretiert wurde, erinnert an ein Mosaik aus Klangeindrücken verschiedenster Art. Statt eine heterogene, eindeutig zuordnende Musik zu entwickeln, entwirft Chin ein kontrastreiches und sehr spannungsvolles Assoziationsgeflecht. Es sind geheimnisvolle Klangwelten, immer wieder unterbrochen durch perkussive Solo-Einlagen oder Überraschungsmomente, die dem Zuhörer sämtliche Facetten der Musik näherbringen. Wie ein Teppich liegen dissonante Klänge dem Werk zu Grunde und bieten Spielraum für plötzliche Einwürfe, hinterfragende Momente und sogar auskomponierte Konflikte zwischen den einzelnen Instrumentengruppen.

Ein unlösbares Puzzle

Homogener ist im Gegensatz zu „Graffiti“ das zweite Werk des Abends: das „Konzert für Klavier und Orchester“ (1996-97), das von dem Pianisten Sunwook Kim präsentiert wurde. Bei dieser Komposition, die an eine Etüde erinnerte, konnte Kim seine Virtuosität und Fingerfertigkeit unter Beweis stellen. Während das SWR Symphonieorchester sich zunächst mit Tremoli und unterstützenden Harmonien im Hintergrund hielt und während Kim als Solist im Vordergrund stand, baute sich das Klavierkonzert in den folgenden Sätzen zu einem konfusen Klangwerk auf. Wie ein unlösbares Puzzle, treffen diverse Einwürfe der einzelnen Instrumentengruppen aufeinander; mal stehen die Percussionisten im Vordergrund, dann wieder der Pianist oder auch die Blechbläser. Es ist ein aufgebauschtes, kräftiges Werk, das auf jeden Fall Eindruck hinterlässt.

„Puzzles and Games from Alice in Wonderland“

Als letztes Stück wurde „Puzzles and Games from Alice in Wonderland“(2004-07/2017) als Konzertsuite aufgeführt, das sich inhaltlich an den Originaltexten von Lewis Carroll orientiert. In Form eines konzertanten Musiktheaters bietet diese Komposition die eindeutigste Verbindung zum Motto des Festivals. Denn Text und Sprache bekommen bei „Alice in Wonderland“ die größte Bedeutung beigemessen. So sind es Gesang und Ausdruck der australischen Sopranistin Siobhan Stagg, die das Stück tragen. Während das Orchester eine märchenhafte, mystisch angehauchte Klangwelt entwirft, ist es Stagg, die die Lieder performt und inszeniert. Ihre gesangliche Ausführung richtet sich dabei stets nach dem Inhalt des Textes: mal sind es zarte, geheimnisvolle Töne, die Alices Verwunderung ausdrücken; mal sirenenartiges Singen, wenn die Grinsekatze zum Vorschein kommt. Auch die böse Königin ist eindeutig als solche allein durch den theatralischen Gesang zu identifizieren. Obwohl keine direkte szenische Darstellung der Lieder erfolgt, entwickelt sich dennoch eine sehr bildhafte und plastische Vorstellung der Geschichte anhand von Musik und Gesang. Chin entwirft somit auch in dieser Komposition ein buntes Puzzle aus Ereignissen und Eindrücken, die den Assoziationsprozess beim Publikum anregen.

Header: © Jörg Hejkal

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