Stellwerk Magazin

Interview WOMAN

Vorwort

Anlässlich der diesjährigen popNRW-Preisverleihung in Köln, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, junge Talente zu fördern, haben wir uns mit der Kölner Band WOMAN getroffen. Milan, Manu und Carlos machen kosmisch-elektronische Popmusik und lassen sich trotzdem nicht in Genreschubladen stecken. Das Trio hat in diesem Jahr ihr Debüt Album „Happy Freedom“ veröffentlicht und geht ab November auf Deutschlandtour.

Wie seid ihr als Band entstanden?

Milan: Das war vor Carlos’ Zeit. Manuel, Marvin und ich wir haben in einer WG gewohnt, und irgendwann gemerkt, da wir alle Instrumente spielen, dass wir Bock hätten, mal zusammen Musik zu machen, weil wir alle Instrumente spielen. Kurz: Daraus ist dann in einem etwas längerfristigen Projekt WOMAN entstanden. Nach einem Jahr oder so ist Carlos dann noch dazu gekommen.

Wie seid ihr zu dem Namen WOMAN gekommen?

Milan: Das war so ein Zufallsding. Wir hatten bei unsrem ersten Auftritt damals im Keller vom Coco Schmitz gar keinen Namen und dann wurde uns von den Festival-Veranstaltern dazu geraten, dass wir uns doch einen Namen überlegen sollen. In einer längeren Diskussion ist dann der Name WOMAN rausgekommen. Carlos: Wir bekommen diese Frage oft gestellt und antworten darauf immer etwas anderes. Das war jetzt tatsächlich die Wahrheit – die sagen wir selten. Ich habe auch versucht, im Nachgang heraus-zufinden, was dieser Name zu bedeuten hat, ich war ja damals noch nicht Teil der Band. Aber ich glaube, das war einfach eine superemotionale Sache, ein Gefühl, dass das Wort irgendwie trifft. Jeder kann da reininterpretieren, was er will. Damit könnte man eigentlich auch mehr machen. Das haben wir bei der ersten EP auch gemacht – das Cover ist eine weibliche Person, sehr stark geschminkt und vermummt. Sehr artifiziell. Das war unser Kumpel Stanislav, der super androgyn aussieht, lange blonde Haare hat und sich eben geschminkt und rasiert hat. Wir versuchen häufig, mit so Rollenbildern versuchen zu spielen.

Wie habt ihr „Fever“ produziert? Habt ihr das eigenständig aufgenommen oder habt ihr Hilfe gehabt?

Milan: Wir haben das geschrieben und auch eine erste Version produziert, da war Marvin noch Teil der Band, das ist also schon drei, vier Jahre her. Das haben wir im Keller gemacht, alles selber aufgenommen. Die Version, die dann aber veröffentlich wurde, haben wir mit Zebo Adam in Wien produziert. Carlos: Anfangs ging alles etwas schwerfällig vonstatten. Die Band ist quasi im Perfektionismus ersoffen und dann gab es eben dieses Album, das eigentlich fertig war, das dann aber verworfen wurde. Das war leider vor meiner Zeit, ich hätte da ein Veto eingelegt.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Bilderbuch-Produzenten Zebo Adam?

Milan: Ich hab irgendwann mal gehört, dass irgendein Manager aus Köln Zero Adam auf einem Konzert von Bilderbuch unsere Demo in die Hand gedrückt hat. Er hatte Bock, was mit uns zu machen. Wir sind beim ersten Treffen gut mit ihm klargekommen und wussten, dass wir Lust haben, mit ihm nach Wien zu fahren und die EP zu produzieren. Carlos: Beim Vorspielen waren wir mega nervös, aber es hat geklappt.

Ist die Band Bilderbuch ein Vorbild für euch?

Milan: Wir wollen uns nicht zu sehr mit Bilderbuch identifizieren, weil sonst die Verbindung natür-lich irgendwann auch zu nah ist. Dann heißt es, dass man abkupfert. Aber persönlich finde ich die Band super. Die haben ein ganz besonderes Konstrukt geschaffen. Als ich die beim letzten PULS Open Air-Festival zum ersten Mal live gesehen habe, stand ich wirklich nur mit offenem Mund da. Bilderbuch war aber eigentlich auch nie unser Geschmack, nie in unserem musikalischen Kosmos. Ich hab echt lange gebraucht, aber irgendwann hat es mich umgehauen.

Also würdet ihr sagen, dass eure Musik in eine andere Richtung gehen soll?

Milan: Wir haben wahrscheinlich schon eine gemeinsame Hörerschaft. Aber natürlich wollen wir anders sein als Bilderbuch, und ich glaube, dass wir das auch sind. Wir haben vielleicht das gleiche Studio, die gleichen Effekte und den gleichen Produzenten.

Findet ihr, dass eure Musik sich von „Fever“ zu „Happy Freedom“ verändert hat?

Milan: Absolut. Letztens hat mir jemand erzählt, dass er „Fever“ cool fände, das neue Album aber eher weich gespült. Ich empfinde das eher umgekehrt. „Fever“ war das Produkt seiner Zeit, aber das ist nicht mehr das, was ich heute machen würde. Es ist natürlich Teil von uns, aber es ist viel mehr dazu gekommen. Man entwickelt sich weiter, man lernt mehr, und diese Platte zeigt das irgendwie. Carlos: Wenn man langfristig Musik macht, dann ist es sehr schwer für einen selber, zu vergleichen, weil man darin gefangen ist. Du hast gefragt, mit was wir zufriedener sind. Ich kann nicht sagen, mit was ich zufrieden bin. Ich weiß nur, dass sowohl „Fever“, als auch „Happy Freedom“ in dem Moment, als sie entstanden sind, sehr ehrlich waren. Das ist die Hauptsache. Wenn man in einen Kreativprozess involviert ist, kann man meistens gar nicht mehr sagen, was gut und was schlecht ist. Dann muss man sich daran festhalten, dass man in dem Moment einfach die Wahrheit sagt, oder versucht, etwas Echtes zu kreieren. „Fever“ ist in Köln entstanden, „Happy Freedom“ in Wien. Das nächste Album wird bestimmt wieder ganz anders werden. Das ist halt das Geile daran: man kann sich immer wieder neu erfinden.

Denkt ihr, dass es den vielbeschworenen Sound of Cologne gibt?

Carlos: Nein, es gibt keinen Sound of Cologne. Es gibt allerhöchstens eine Class of Cologne oder einen Vibe of Cologne. Milan: Das hat, glaub ich, viel mit der derzeitigen Nachwuchsförderung zu tun. Die Popförderung, in Köln kann sich wirklich an skandinavischen Maßstäben messen. Sei es die c/o pop oder die Stadt selber, sei es das Land NRW, das zusieht, dass Künstlern hier Auftrittsmöglichkeiten geboten wer-den. Carlos: Köln ist einfach sehr klein. Alle diese Bands kennen sich untereinander. Man redet miteinander, das ist die eine Seite. Dann gibt es städtische Förderung. Es gibt hier halt nicht so sehr diese Ellbogengesellschaft wie in Berlin. Niemand würde sich hier anmaßen, das Konzept von ROOSEVELT zu kopieren. Hier gibt es einfach den gegenseitigen Respekt und das ist cool, und das ist es, was diesen Class of Cologne eigentlich ausmacht.

Glaubt ihr also, dass Berlin mehr oder weniger Chancen bietet als Köln?

Carlos: Die Frage nach dem Mehr oder Weniger ist immer schwierig. Köln bietet einfach andere Chancen. Es ist ein anderes Umfeld, es sind andere Leute, es ist eine andere Vorgehensweise. Das kann man nicht vergleichen. Berlin ist einfach eine andere Welt. Aber irgendwie leben wir auch ganz bewusst nicht in Berlin.

Was gefällt euch am Format des c/o pop Festivals?

Carlos: Sehr dankbares Verhältnis. Ich war noch nicht einmal volljährig, dann hatte ich da schon meinen ersten Auftritt. Ich kannte auch einfach viele Leute, die mitgeholfen und dort gearbeitet haben. Wenn es die c/o pop nicht in Köln geben, würde es einfach auch viele Bands in Köln auch nicht geben. Milan: Ja, genau, wir sind ja letztlich auch daraus entstanden. Die c/o pop hat uns einen Auftritt auf ihrer Silvesterparty organisiert und das hat dann dazu geführt, dass Leute auf uns aufmerksam geworden sind. Carlos: Köln hat schon auch eine Nörgelkultur. Aber die c/o pop ist etwas, über das ich mich nicht aufrege. Hätten wir die nicht hier in Köln, dann wäre hier fast gar nichts. Wir sind alle aus einem guten Grund in Köln und einer dieser Gründe ist vielleicht auch dieses Festival. Es gibt in Köln sehr viele konservative Elemente, die drücken, aber dann gibt es halt auch wieder weniger konservative Elemente, die ziehen. Dieser Ausgleich macht Spaß.

Wie war es, zusammen auf so vielen Festivals zu spielen, geht man sich als Band mal auf die Nerven? Und was waren eure Höhepunkte?

Milan: Wir kennen uns lange genug, um uns nicht auf die Nerven zu gehen. Die meiste Zeit versteht man sich ja doch gut. Carlos: Wir waren am Rheinfall! Wir hatten unseren allerersten Off-Day. Zwischen zwei Konzerten einfach mal abhängen. Dann sind wir zu Manus Eltern gefahren, haben vietnamesisch gegessen und sind ins Freibad gegangen. Das war einer unserer Höhepunkte.

Ihr seid beim popNRW-Preis in der Kategorie „Outstanding Artist“1Das Interview wurde vor der Preisverleihung geführt. Mittlerweile ist bekannt, dass die Band den popNRW-Preis in der Kategorie „Outstanding Artist“ gewonnen hat. Herzlichen Glückwunsch! nominiert. Wie fühlt sich das an?

Carlos: Wir freuen uns auf die Verleihung und sind natürlich etwas aufgeregt.

Wisst ihr, wer sonst noch nominiert wurde?

Carlos: Nee, das wollen wir auch nicht wissen. Sonst fängt man an zu spekulieren. Das ist einfach eine sehr persönliche Definition, was Outstanding ist. Und die einzelnen Acts auf die Waage legen und sich auf die andere Seite, so will ich ja gar nicht über die denken.

Wann und wo kann man euch das nächste Mal live sehen?

Carlos: Wir spielen ab November unsere erste eigene Clubtour. Der Auftakt ist dann am 24.11. im ARTheater in Köln!

Vielen Dank für das Interview!

Foto: Robert Winter

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