Stellwerk Magazin

Nachbericht | TransLit Hat Pop (k)ein Problem?

Vorwort

Der zweite TransLit-Abend Pop hat kein Problem am 16. Mai 2018 adressierte in der Diskussion den Begriff Pop und seine semantischen (Un-)Schärfen. Zu Gast war neben Thomas Meinecke, der in diesem Jahr die Poetikdozentur an der Universität zu Köln bestreitet, Andreas Neumeister, welcher als einer der bekanntesten deutschsprachigen Popliteraten gilt und zusammen mit Thomas Meinecke und Rainald Götz das Trio des sogenannten Suhrkamp-Pop bildet. Moderiert wurde die Veranstaltung von Jan Drees, Schriftsteller, Journalist und Moderator.

Dass der Begriff Pop in 90 Minuten terminologisch schwer zu fassen ist, zeigte sich am zweiten Abend der TransLit. Thomas Meinecke und Andreas Neumeister stellten Fragen zur Definition, dem ersten Aufkommen der Popliteratur und den darin thematisierten Problemen. Dass Musik in der Popliteratur eine zentrale Rolle einnimmt, spiegelt sich auch in der ersten Begegnung der beiden Autoren wider. Musikalische Räume, nämlich Plattenläden, Clubs und Konzerte, stellen dabei nicht nur ein großes gemeinsames Interesse dar, sondern markieren auch den Ort, an dem die Autoren sich zum ersten Mal trafen. Musik, das wird deutlich, steht bei der diesjährigen TransLit als transmedialer Gegenstand deutlich im Fokus.

Zitat-Pop

Pop hat kein Problem – das ist der Aufhänger des Gesprächs. Andreas Neumeister merkt an, dass Pop in der Literatur, anders als in der Musik und Kunst, durchaus ein Problem hat. Als Pop in der Mode und Kunst der 1980er Jahre immer populärer wurde, fragte er sich: „Was ist mit der Literatur? Ist das (m)eine Welt, die ich nutzen und ausfüllen kann?“ und entdeckte damit seinen Anreiz zum Schreiben über Pop. Ausgehend vom Zitat-Pop etablierte sich die Popliteratur, erklärt Thomas Meinecke. Genauso wie David Bowie mal „You are such a wonderful person but you got problems“ (Breaking Glass) sang, distanzierte sich zur gleichen Zeit auch die Popliteratur von etwaigen Problemen. Popliteratur sei ein affirmativer Zugang zur Welt und deutet mit Ausrufen wie „Hey, super!“ direkt auf die Dinge, so Meinecke. Aber was ist denn Pop überhaupt? Auf diese Frage folgte langes Schweigen. Es ist wohl auch von denjenigen, die Pop schreiben, schwer zu beantworten. Letztendlich kommen Andreas Neumeister und Thomas Meinecke aber zu demselben Schluss: Popliteratur heißt nicht, über Pop sprechen, sondern wie Pop zu funktionieren. Dies bedeutet für Meinecke insbesondere Zitieren, Samplen und Überschreiben. Er spricht vom Pop als einem „Abtastsystem“, welches wie ein Plattenspieler funktioniert, mit dessen Nadel nach immer Neuem und Interessantem gesucht wird.

Pop 1, Pop 2 und Pop 3

Die Moderation des Gesprächs hangelt sich derweilen weiter entlang an den einzelnen Pop-Jahrzehnten und den entsprechenden Autoren und Werken. Pop 1, Pop 2 und Pop 3 – haben die denn ein Problem? Die Gesprächsteilnehmer gelangen zu der Erkenntnis, dass jedes (Pop-)Jahrzehnt seine eigenen Probleme habe und diese auch immer anders thematisiert wurden. Die Frage, die in der Luft lag, ob auch unsere Gegenwart Platz für Pop biete, ob also unsere Zeit Pop 4 sei, beantwortete Meinecke kritisch mit dem Hinweis, dass es unnötig sei, darüber nachzudenken, da schließlich Pop heute überall präsent sei, sogar in der Politik. Neumeisters Antwort bestand darin, dass wir schließlich alle „popsozialisiert“ seien. Das bringt unsere gegenwärtige Gesellschaftsposition auf den Punkt. An dieser Stelle endete dann auch das Gespräch. Das Fazit von Jan Drees versuchte die Diskussion des Abends zusammenzufassen und hielt fest, dass Popliteratur von unten komme und das wahre Abschreiben der Welt sei. Popliteratur würde eine Metaebene darstellen: nämlich Pop über Pop.

Fazit

Der Diskussionsabend verdeutlichte, dass der Gegenstand Pop schwer zu fassen ist. Daher erklärt sich auch, weshalb die Frage nach der Definition, was denn Popliteratur sei, sowie die Frage, ob diese wirklich ein Problem habe, auch an diesem Abend weiterhin offen blieb. Es wurden interessante Ansätze für eine mögliche Diskussion geliefert, doch leider nicht ausreichend vertieft. Mir schien als hätte der Abend es lediglich geschafft, an der Oberfläche der Fragestellungen zu kratzen. Es entwickelte sich keine intensive und mitreißende Stimmung unter den Diskussionsteilnehmern, sodass sich das Gespräch insgesamt etwas ermüdend auswirkte. Schade war, dass Andreas Neumeister nicht häufiger zu Wort kam, sondern eher wie die eigentliche Fragestellung des Gesprächs immer weiter im Hintergrund verschwand.

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