Stellwerk Magazin

POETICA 6 Herta Müller

Vorwort

Herta Müller leistete Widerstand, indem sie schrieb. In ihren Werken verarbeitet sie ihr Leben in der rumänischen Diktatur, Unterdrückung und Heimatlosigkeit. Bei ihrer Lesung im Rahmen der Poetica 6 wird sie am 21. Januar in der Kulturkirche Köln mit ihrem langjährigen Freund, dem Lyriker Ernest Wichner, über Poesie und Widerstand sprechen und darüber, was das eine im anderen leisten kann.

Herta Müller © Stephanie von Becker

Herta Müller wird 1953 in Nitzkydorf in Rumänien geboren und wächst als Tochter Banater Schwaben in einer deutschsprachigen Minderheit auf; erst mit fünfzehn Jahren lernt sie Rumänisch zu sprechen. Ihre Kindheit verlebt sie „heimatlos und unfrei“1https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/herta-mueller/ in ärmlichen Verhältnissen und zur Zeit der totalitären Ceauşescu-Regierung. Sie beginnt zu schreiben, um dem Schweigen und der existenziellen Angst zu begegnen, sagt Müller über sich selbst. Von 1973 bis 1976 studiert sie deutsche und rumänische Philologie in Temeswar. Danach arbeitet sie als Übersetzerin in einer Maschinenfabrik, aus der sie jedoch entlassen wird, weil sie sich weigert als Spitzel für den rumänischen Geheimdienst Securitate zu arbeiten.

Unterdrückung und Zensur

Zunächst kennt nur ihr Freundeskreis Müllers Texte, in denen sie die Folgen der politischen Unterdrückung thematisiert. Vier Jahre liegt ihr erstes Buch „Niederungen“ beim Verlag, bis es 1982 in zensierter Form veröffentlicht wird. Darin verarbeitet sie „ihre Erfahrungen als Heimatlose, Außenseiterin und politisch Verfolgte“2http://www.literaturnobelpreis.com/biografie-herta-mueller-literaturnobelpreis-gewinner-2009/. Nachdem das Buch 1984 in Westdeutschland unzensiert erscheint, kann Herta Müller in Rumänien nicht mehr veröffentlichen. Sie wird von der Securitate ständig verhört und bedroht.

Autobiografische Literatur

1987 wandert Herta Müller schließlich nach Deutschland aus, wo sie seitdem in Berlin lebt. Neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin ist sie an zahlreichen Universitäten als Gastprofessorin tätig. Ihre Werke, in denen sie über „Erlebnisse, Erfahrungen und die Situation in ihrer Heimat“3https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/herta-mueller/ schreibt, sind hochgradig autobiografisch. Mehr als 24 ihrer Veröffentlichungen beschäftigen sich mit der kommunistischen Diktatur Ceaușescus in Rumänien. Im Jahr 2009 erhält sie den Literaturnobelpreis. In der Begründung heißt es, Herta Müller zeichne „mittels der Verdichtung der Poesie und der Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit“4https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buchmesse-2009/autoren/literaturnobelpreis-fuer-herta-mueller-mit-der-tinte-die-schatten-vertreiben-1716578.html.

Widerständig schreiben

Herta Müller schreibt in erfinderischen Wortverbindungen, ungewöhnlichen Metaphern und erhellenden Bildern, die ihre Erinnerungen an das totalitäre Regime in Rumänien und ihr Gefühl der Heimatlosigkeit in Berlin beschreiben. „Sprache könne zwar nicht alles über eine Diktatur aussagen, aber […] durch Sprache könne man seine Würde bewahren. Die Möglichkeit, die die Sprache den Menschen biete, sei die einzige Freiheit, die der Unterdrückte habe.“5http://www.literaturnobelpreis.com/biografie-herta-mueller-literaturnobelpreis-gewinner-2009/

Neben den Veranstaltungen mit allen AutorInnen der Poetica 6 am 20., 21., 23. und 25. Januar, ist Herta Müller während der Festivalwoche im Rahmen ihrer Lesung „Mein Vaterland war ein Apfelkern“ am 21. Januar ab 19.30 Uhr in der Kulturkirche Köln in Nippes zu erleben (Eintritt 8/10 EUR). Karten gibt es über den Kartenvorverkauf der Kulturkirche Köln und an der Abendkasse.

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