Stellwerk Magazin

Bericht über das Benefiz-Projekt "Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien“

Vorwort

Am 21. Februar fand im FORUM Volkshochschule im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln die Abschlussveranstaltung des Benefiz-Projekts „Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien“ statt. Höhepunkt des Abends war die Versteigerung eines Gemäldes von dem 1986 aus dem Irak geflüchteten Künstler Gara Rasul. Von dem Erlös sollen Kreativkurse für Geflüchtete und Studierende ins Leben gerufen werden. Vor der Auktion sprachen der Anthropologe Dr. Jonas Tinius (HU Berlin) und der Literaturwissenschaftler Alexander Weinstock (Universität zu Köln) über „Die Figur des Geflüchteten“. Am Beispiel des Theater- und Kunstprojektes RUHRORTER zeigten sie neue Perspektiven und Herangehensweisen an das Bild des Flüchtlings durch die Kunst auf.

Die insgesamt fünfteilige Vortragsreihe zum Thema „Flucht“ hat die Kölner Studierendeninitiative WEITBLICK e.V. veranstaltet. Die vier vorangegangenen Vorträge zu den Themen Ästhetik der Migration in der dokumentarischen Fotografie, Stereotype der Flucht, die Macht der Bilder und Arten der Repräsentation von Fluchtmigration fanden seit November 2016 an der Universität zu Köln statt.

Bereits seit Februar 2009 besteht die Studierendeninitiative WEITBLICK in Köln. Aktuell zählt sie rund 140 Mitglieder, die sich in Köln jeden Donnerstagabend treffen und an unterschiedlichen Projekten im In- und Ausland arbeiten. WEITBLICK gibt es aber nicht nur in Köln, auch in einigen weiteren Städten Deutschlands ist die Initiative vertreten. Zusammen setzen sie sich weltweit für einen gerechteren und breiteren Zugang zu Bildung ein. Für die Vortragsreihe „Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien“ waren die beiden Kölner Studentinnen Alexandra Lux und Mona Schubert hauptverantwortlich. Ziel des Projektes ist die Einrichtung von Kreativkursen für Geflüchtete. Um das nötige Geld dafür zu sammeln, haben die WEITBLICKER bei den fünf Vorträgen Kuchen und Getränke verkauft. Auch freiwillige Spenden werden auf ihrer Internetseite gesammelt. Mona Schubert kennt den Künstler Gara Rasul noch aus dem Studium. Für ihr Projekt hatte er sich bereit erklärt, ein Gemälde zu spenden. Dieses wurde an dem fünften und letzten Vortragsabend ebenfalls für die Finanzierung der Kreativkurse versteigert.

In der Mitte der Bühne sah man das fast völlig in Blautönen gehaltene Bild von Rasul, das aus seiner Serie „Menschenbild in Blau“ stammt. Gara Rasul, der 1986 aus dem Irak nach Deutschland kam, studierte an der Düsseldorfer Akademie Grafik und arbeitet heute als Maler, Grafiker, Kunsthistoriker und lehrt als Dozent an der Kölner Malschule. Der Künstler baut sich die Leinwände, die er für seine Werke verwendet, stets selbst. „Industriell hergestellte Leinwände sagen mir nicht viel“, lautet seine Erklärung. Auch eine Staffelei verwendet er nicht. Zumeist malt er auf dem Boden.

Bild aus der Serie "Menschenbild in Blau" von Gara Rasul

"Die Figur des Geflüchteten"

RUHRORTER ist ein kollaboratives Theater- und Kunstprojekt des Theaters an der Ruhr mit Geflüchteten aus dem Ruhrgebiet. Initiiert wurde das Projekt von Adem Köstereli, Wanja van Suntum und Jonas Tinius. Ort der Proben und Aufführungen ist Mülheim an der Ruhr. STELLWERK hat schon verschiedentlich über Aufführungen dieses Projekts berichtet. Die aktuelle Produktion wird im Mai 2017 zu sehen sein, die Termine dazu werden auf der Homepage von RURHORTER veröffentlicht.

Mit der interdisziplinären Vortragsreihe „Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien“ hatte die Kölner Studierendeninitiave WEITBLICK sich ein ambitioniertes Ziel gesteckt: Den Zusammenhang zwischen Flucht, Kunst und Medien genauer zu veranschaulichen und die Diskussionskultur an der Universität zu Köln zu stärken. Zum Abschluss der Reihe beleuchteten der Anthropologe Dr. Jonas Tinius von der HU Berlin und der Literaturwissenschaftler Alexander Weinstock von der Universität zu Köln die Präsentation von Flucht und Flüchtlingen in der darstellenden Kunst. Beide, selbst Mitglieder des Theater- und Kunstprojekts RUHRORTER, zeigten Möglichkeiten der Darstellung von Fluchtthematik im nicht-dokumentarischen Theater auf. Das Ziel von RUHRORTER ist die Suche nach neuen ästhetischen Formen, um mit den Mitteln der Kunst der stereotypen Kategorisierung und Ausgrenzung von Flüchtlingen und Asylsuchenden etwas entgegenzusetzen. Jonas Tinius kritisierte in seinem Vortrag diese Stereotypisierung von Geflüchteten, die sowohl in der Bürgergesellschaft, als auch in den Medien und der dokumentarischen Kunst zu finden sei. Alexander Weinstock berichtete vor allem über die Arbeit selbst. Als Skripter des Theaterprojekts betonte er, dass bei einem Projekt, bei dem beinahe alle Teilnehmenden ihre Sprache verloren haben, man nicht viel Text brauche. Viel mehr entstehen die Inszenierungen aus Improvisationen, die durch die Texte lediglich flankiert werden. Kein zusammenhängendes Stück soll entstehen, sondern Bilder, Momentaufnahmen aus der Gefühlswelt, aus den Träumen, aus Zwischenmenschlichem der Darsteller. Auch Flucht oder Flüchtling sein sei nichts kohärentes. Oft ist es traumatisch, die Ereignisse sind nur schwer nachzuvollziehen. Eine fragmentarische Darstellung der Thematik scheint daher gerade passend zu sein.

„Was hier entsteht, ist kein Texttheater, kein Theater der sich kohärent entwickelnden, psychologisch stabilen Charaktere; und es ist auch kein Theater einer sich ebenso wahrscheinlich wie notwendig auf einen Endpunkt zu bewegenden Handlung. Es ist stattdessen vielmehr ein Theater der Bilder, zu denen sich die einzelnen Vorgänge wieder und wieder neu zusammenfügen. Diese Fügungen sind aber ausdrücklich keine kausal organisierten, linear ablaufenden Narrative, sondern sie folgen einer Logik der Auflösung und der Durchmischung, sie bilden einen assoziativen Reigen, der von Vergrößerung und Verschiebung geprägt ist. Mit anderen Worten: Sie folgen einer Logik des Traums." (A. Weinstock)

Zum ersten, zum Zweiten, zum Dritten!

Im Anschluss an den Vortrag von Weinstock und Tinius fand die Auktion des Bildes von Gara Rasul statt. Bereits im Vorfeld zu der Veranstaltung konnten sich Interessierte per Internet als Bieter registrieren. Die Versteigerung wurde so aufgezogen, wie man sich eine Auktion eben vorstellt: Jeder der Bietenden erhielt eine Bieternummer, der Auktionator rief das Gemälde zum Startgebot von 100 Euro aus: „Wer bietet mehr?“ Trotz der schönen Inszenierung wurde das Gemälde dann doch relativ schnell für 210 Euro versteigert – gerade einmal 10 Euro über dem Schätzpreis des Bildes. Wahrscheinlich nicht allzu verwunderlich angesichts des hauptsächlich studentischen Publikums. Wir dürfen auf jeden Fall gespannt bleiben, was sich WEITBLICK e.V. in den nächsten Wochen für das Kursprogramm einfallen lässt. Starten soll dies ab Mitte April diesen Jahres.

Fotos: Nicole Przegendza

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