Stellwerk Magazin

Vom Japonismus zum Zen. Paul Klee Japan-Blicke oder schlangenartiger Dackel

Vorwort

PAUL KLEE. Vom Japonismus zum Zen. Die Kölner Ausstellung wurde von Osamu Okuda und Marie Kakinuma in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Paul Klee in Bern sowie dem Museum für Ostasiatische Kunst in Köln konzipiert. VOM JAPONISMUS ZUM ZEN: PAUL KLEE UND DER FERNE OSTEN zeigt das WIE und das DAS der Auseinandersetzung Klees mit der oasasiatischen Kultur. Die Ausstellung ist noch bis zum 01. Februar 2015 im MOK in Köln zu bewundern.

Paul Klee und Japan. Zuvor unentdeckte Zusammenhänge und Beeinflussungen werden in einer direkten Gegenüberstellung verschiedener ostasiatischer Werke mit den Aquarellen, Tusche-Zeichnungen und anderen Maltechniken Paul Klees transparent. Vor allem japanischen Werken schenkte Klee seine Aufmerksamkeit. Der Vertrag von Kanagawa beendete 1854 das Ende der Isolationspolitik Japans und eröffnete so der zuvor unzugänglichen Kunst des Reichs der Mitte die Möglichkeit eines kulturellen Austausches mit der internationalen Kunstszene. Und so auch mit Klee. Verschiedene europäische Werke fanden ihren Weg nach Japan. In Europa, und hier zunächst in Frankreich, entstand eine herausragende Begeisterung für den "neu-entdeckten" Stil. Um 1900 erreichte die Japanbegeisterung auch Deutschland. Über Kontakte, vermutlich durch die Künstlergruppe "Der Blaue Reiter", gelang Klee zur die Einsicht von Originalen. Die Kompositionsorientierung ohne Zentralperspektive und die mehrfache Schichtung innerhalb verschiedener Werke weckten Klees künstlerisches Interesse. In äußerst gelungenen Gegenüberstellungen wird es in der Ausstellung möglich, den Lernprozess des schweizer-deutschen Künstlers nachzuvollziehen: über Wasser- oder Phantasielandschaften hin zu luftigen Tusche-Zeichnungen ohne festgelegten Horizont.

Durch die Ausstellung "Japan und Ostasien in der Kunst" in München (1909) gelangten vor allem Werke von Hokusai, Utamaro und Kuniyoshi in den Fokus der deutschen Kunstszene. Hokusai fertigte unter anderem verschiedene Studienbücher des japanischen Zeichenstils an, dessen Schulung man polychron anmutenden und geradezu faszinierenden Werken Klees wie "Mädchen, sich bückend, von einem schlangenartigen Dackel verfolgt" (1906) grundlegend ansehen kann. Nachdem sich Klee wahrscheinlich zunächst an einigen Farbholzschnitten orientiert hat (ca. 1900-1908), konzentrierte er sich in der ersten Hälfte der 1910er Jahre auf Tuschemalereien. Daraus folgte wohl auch Klees Vorliebe zu japanischem Papier, denn er gibt in seinem Tagebuch an, dass er von 1911 bis 1940 173 Werke auf Japanpapier angefertigt hat. Ab Mitte der 1920er Jahre nutzte Klee auch die Federzeichnung, um sich beispielsweise an Manga-Schnellzeichnungen zu probieren. Auch seine Auseinandersetzung mit dem Zen-Buddhismus wird nach mehreren Lyrik- und Schriftverarbeitungen insbesondere in seinem Werk "Urchsen" (1933) ersichtlich. Es bezieht sich demzufolge wahrscheinlich auf die Zehn Ochsenbilder des Zen, welche den "Pfad zur Leere und Erkenntnis" erleuchten sollen, da sie symbolisch als Sinnbild der "Wahren Natur" des Menschen gelten. Bei all diesem künstlerischen Ausprobieren ist besonders erwähnenswert, dass die Kunst Klees noch heute auf großes Interesse in Japan stößt. In dieser belebten Wechselbeziehung wirkte Klee nicht nur aus japanischer Sicht als kultureller Vermittler zwischen alter, japanischer Tradition und westlicher Moderne.

  Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln  Paul Klee, Narr in Trance, 1929, Öl auf Leinwand, Museum Ludwig

Paul Klee, Narr in Trance, 1929, Öl auf Leinwand, Museum Ludwig | Rheinisches Bildarchiv Köln

Gegen Ende der Ausstellung wird nach Klees Stilstreifzügen durch Impressionismus, Expressionismus, Symbolismus, Konstruktivismus, Kubismus und Primitivismus und auch Surrealismus ein Bogen zur Moderne und Gegenwartskunst gespannt. Auf unterschiedlichste Weise wird der Einfluss Klees deutlich: japanische Musiker, Comiczeichner, Künstler und Architekten greifen noch heute sein Schaffenswerk auf. Im "Bilderbuch. Mit Bildern von Paul Klee" (1975) verfasste der Japaner Tamikawa Gedichte zu Klees Œuvre, auf eine Art und Weise, die die große Bewunderung für den Künstler nicht zu verheimlichen weiß.

Durch den offenen Umgang Klees mit neuen Stilrichtungen wurde ein neuer impressionistischer und symbolischer Zugang zur japanischen Kunst ermöglicht, der beidseitig Anklang fand. Der öffentlichen Rezeption zum Trotz, die nicht nur positiv auf Klees Experimentierfreudigkeit reagierte, verfolgte er künstlerisch weiterhin sein Japaninteresse. Hätte Paul Klee sich dem Counterpart des Naturalismus oder der idyllisierenden Heimatkunst verschrieben, so hätte sich weder sein ostasiatisches Interesse, geschweige denn sein Gesamtwerk, in diesem Maße entfalten können. Paul Klees Werdegang und seine heutige Stellung für die moderne Kunst sind gerade diesen anfänglichen Findungsphasen und Ausblicken geschuldet.

Foto: Privatbesitz Schweiz, Depositum im Zentrum Paul Klee, Bern © Zentrum Paul Klee, Bern | Paul Klee, Ohne Titel (Zwei Fische, einer am Haken), 1901, Feder und Aquarell auf Karton.