Stellwerk Magazin

Bericht Make-up, Gangster und tanzende Google-Streetview Kameras

Vorwort

Das Filmplus Festival für Filmschnitt und Montagekunst, das einmal jährlich mit zahlreichen Filmvorführungen und Diskussionen rund um das Medium Film aufwartet, existiert seit 2001. Vom 13.10.-16.10.2017 fand es zum 17. Mal in Köln statt. Der besondere Fokus des Festivals liegt auf dem Schnitt, was nicht zuletzt mit der Verleihung der Schnittpreise am letzten Festivaltag deutlich wird.

Der im Rahmen des Filmplus Festivals verliehene Förderpreis ist an Nachwuchseditoren gerichtet und wird dieses Jahr bereits zum 13. Mal verliehen. Dabei werden Kurzfilme angenommen, die eine Länge von 20 Minuten nicht überschreiten und aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Wie bei den Schnittpreisen für die Rubriken Spielfilm und Dokumentarfilm, wird auch für den Förderpreis zunächst eine Vorauswahl der Kurzfilme durch das Filmplus-Team getroffen. Danach entscheidet eine Vorjury, welche Kurzfilme beim Festival vorgestellt und schließlich von der Hauptjury bewertet werden.

Am Sonntagabend wurden die im Rahmen des Filmplus Festivals für den Förderpreis nominierten Kurzfilme vorgestellt. Bevor die Filme präsentiert wurden, erzählte das Hauptjury-Mitglied Pierre Sanoussi-Bliss, der nicht zuletzt durch seine Rolle als Hauptkommissar Axel Richter in der TV-Serie Der Alte einem breiten Publikum bekannt ist, in einem kurzen Gespräch mit Kyra Scheurer, was für einen großen Einfluss der Schnitt auf das Produktionsvorhaben nehmen kann. Auch machte er nochmal auf die Wichtigkeit eines solchen Festivals aufmerksam, da es dazu animiere, Filme mit dem erweiterten Fokus auf den Schnitt präziser zu betrachten.

Den Anfang der Kurzfilmvorführung machte der durch Paul Gröbel geschnittene Film Nach dem Fest (2017), der durch seine Laiendarsteller aus dem Obdachlosenmilieu die vagen Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilm auslotet. Gerade die entscheidenden Wendepunkte des Films werden, so Paul Gröbel, der durch den Traum eines Freundes zu seinem Studium der Filmmontage gelangte, maßgeblich durch Schnittentscheidungen bestimmt. Anschließend erheiterte die französischsprachige Gangsterkomödie Punchline (2017) die Zuschauer. Geschnitten wurde diese Komödie von dem in der Schweiz lebenden Christophe Saber, der nominiert war, jedoch selbst nicht persönlich bei der Vorstellung an diesem Abend anwesend sein konnte. Tama Tobias-Macht schilderte dafür selbst ausführlich von der Entstehung ihres nominierten Kurzdokumentarfilms über eine kubanische Familie, die trotz mangelnder medizinischer Hilfe für ihre Kinder während der Castro-Regierung aus Traditions- und Generationsbewusstsein in dem abgeschiedenen Dorf El Manguito (2017) geblieben war. Die Jury des Förderpreises sprach ein besonderes Lob an Tobias-Machts Arbeit aus. Tama arbeitet momentan an ihrem Dokumentarfilm-Debut.

Petja Nedeltscheva zeigte uns mit ihrem Kurzspielfilm Make up (2017), wie Montage das Tonkonzept beeinflussen und damit die surreale Ebene einer filmischen Erzählung verstärken kann. Ihre Montage reflektiert die Imitation einer erwachsenen Frau durch ein kleines Mädchen. Aufgrund dieser Arbeit mit einer Kinderschauspielerin musste Nedeltscheva laienhafte Momente technisch retuschieren. Dies tat sie z.B. durch das Verwenden einer Zeitlupe, um einige Momente zu verlängern.

Zum Schluss erzählte Maximilian Merths experimenteller Kurzfilm die Geschichte einer tanzenden Google-Street-View-Kamera. Der Film entstand gänzlich aus dem über Google bzw Google Maps zugänglichem Material. Merth und sein Kollege Tim Ellrich begaben sich für Sara the Dancer (2017) auf eine aufwendige Suche nach dem passendem Material für ihre Geschichte. Der Aufwand hat sich gelohnt: Der Film zeigt nicht nur die große Vielfalt an filmischen Materialmöglichkeiten auf, sondern wurde auch aufgrund seiner gelungenen Narration letztlich mit dem Förderpreis für Nachwuchseditoren belohnt. Die Editorenleistung von Merth wurde mit dem mit 2.500 Euro dotierten Förderpreis Schnitt honoriert, der durch das Land NRW und die Deutsche Filmakademie gestiftet wurde. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit folgenden Worten:

„Die Jury hat sich nach einer intensiven Diskussion dafür entschieden, den Preis für die beste Nachwuchsleistung einem Editor zuzusprechen, der eine ursächlich schöpferische Arbeit geschaffen hat. Dieser Editor schafft es in dem ständig wachsenden Archiv der Beliebigkeiten auf eine humorvolle und pointierte Art und Weise eine Narration zu finden, den Blick des Zuschauers durch unsre Welt zu lenken, dem digitalen Fahrzeug das Steuer zu entreißen und damit diese Beliebigkeit aufzuheben und mit Emotion zu erfüllen. Diese elementare Aufgabe eines Editors erfüllt er herausragend.“

Und dies waren die Schnitt Preisträger des diesjährigen Filmplus-Festivals:

  • Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm: Heike Parplies für den Film Toni Erdmann (2016)
  • Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm: Christof Schertenleib und Christoph Brunner für Safari (2016)
  • Förderpreis Schnitt: Maximilian Merth für Sara the Dancer (2017)
  • Ehrenpreis Schnitt: Inge Schneider für ihr Lebenswerk

Einmal mehr lenkte das Filmplus Festival den Fokus auf den unverzichtbaren Wert des Filmschnitts. Die Vorführung der nominierten Kurzfilme zeigt auf, wie viele Möglichkeiten der Filmschnitt bietet und wie unverzichtbar dieser überhaupt ist, um Geschichten in einer besonderen Emotionalität zu erzählen und zu vermitteln.

Header: (c) Filmplus

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