Stellwerk Magazin

Nachbericht | TransLit Sounds Diskurs

Vorwort

Am 30. Mai fand der dritte Abend der TransLit 2018 mit Thomas Meinecke statt. Prof. Dr. Torsten Hahn und Prof. Dr. Christof Hamann, die den Studierenden des IdSL I wohlbekannt sein dürften, führten durch das Gespräch, bei dem sie versuchten, „Thomas Meinecke zum Reden zu bringen“. Der Abend drehte sich vorrangig um das Verhältnis von Literatur und Musik zu Theorie und Wissenschaft.

Im Senatssaal im Hauptgebäude haben sich trotz der drückenden Schwüle einige Menschen zusammengefunden, um sich weiter in die Welten der Literatur, der Musik und des Pops einführen zu lassen, die Thomas Meinecke schon in den letzten beiden Wochen beschworen hatte. Christof Hamann – der Meinecke, wie die Zuhörer im Laufe des Abends herausfinden sollen, schon seit Längerem kennt – startet das Gespräch mit einleitenden Worten und einem Rückblick auf die letzten TransLit Abende. Die folgende Diskussion dreht sich nun vornehmlich um die Frage nach der Vereinbarkeit von Pop und Theorie: "Sounds Diskurs".

Von der Praxis der Theorie

Dass Pop schnelllebig ist und bunt, provozierend und aufreizend, das haben wir schon gelernt. Wie sich die wissenschaftliche Theorie in dieses Pop-Konstrukt einbauen lässt, wie Theorie literarisch werden kann, das ist jedoch eine ganz andere Frage. Meinecke selbst erklärt sich empfänglich für die „Sexyness der Theorie“, die gerade durch den Pop optimal in andere Medien übertragen und so veranschaulicht werden kann. Seine eigene Lust an der Theorie ist auch in seinen Werken erkennbar, in denen quer durch die Wissenschaften fleißig Theorien benannt und besprochen werden. Das sei zwar nicht immer, aber schon lange so, sagt Meinecke: Bereits in seiner Magisterarbeit sei er durch die verschiedensten Disziplinen und Epochen galoppiert, habe sich selbst und seine eigenen Fähigkeiten immer wieder überschritten. Genau das ist sein Umgang, seine Faszination mit der Theorie: Sich selbst mit der Theorie zu überfordern, nicht immer alles gleich zu verstehen, aber sich heranzuwagen, sich damit zu beschäftigen. Meineckes Faszination für die Vermischung von Theorie und Praxis zeigt sich auch in seinem Vortrag: Nicht nur, dass er zwei Rezensionen zu seinen Werken vorliest, er singt auch eines seiner eigenen Stücke vor. Die Literatur und die Musik, keine Lyrik, sondern Lyrics, das ist ihm wichtig. Die Wissenschaft führe die Anwendung auf die Theorie zurück, Meinecke, so sagt er über sich selbst, versucht, die Theorie in seinen Werken wieder zur Anwendung zu bringen – wobei die Lust am Lesen nicht immer zum Verstehen führen muss.

Original oder Kopie?

Auch die Frage nach Kopie, Original und Abschreiben wird am heutigen Abend wieder gestellt. Ist das Auflisten und Nachschreiben der großen Gedanken anderer Menschen, wie Meinecke es gerade im wissenschaftlichen Bereich tut, blankes Abschreiben? Ist Meinecke selbst ein Schriftsteller – oder bloß selbst Leser, der das wiedergibt, was er gelesen hat? Er selbst sagt, er sei zunächst Leser und dann erst Schriftsteller, und aus dieser Reihenfolge erklärt sich auch die Fülle an Zitaten, Verweisen und Namensnennungen in seinen Werken: Immer wieder liest er Texte, in denen der andere Schreiber genau die Gedanken Meineckes wiederzugeben scheint – und so sei schon das erneute Aufschreiben dieser gleichen Gedanken eine Kopie. Wieso also nicht gleich auf den Ursprung verweisen? Meinecke erklärt sich, seine Literatur und seine Musik – denn um die Musik geht es auch heute wieder – zur „Verweishölle“, in der er immer wieder darauf zurückkommt, dass andere schon formuliert haben, was er denkt. Das Original selbst sei immer eine Kopie des Ideals, und so ist auch seine eigene Arbeit für Meinecke kein Abschreiben, sondern ein Transkribieren, ein „performatives Nachempfinden“, bei dem nicht einfach wiederholt wird, sondern neue Formen entstehen.
Zur Frage nach dem Abschreiben, nach der Theorie in der Literatur bleibt vor allem ein von Zitat von Torsten Hahn im Kopf: „Wozu Freud lesen, wenn Butler ihn gelesen hat?“. Er wirft dies in den Raum, um es sogleich zu übertragen: „Wozu Butler lesen, wenn Meinecke sie gelesen hat?“ Ob er das nun wirklich getan hat oder nicht, bleibt Meineckes Geheimnis.