Stellwerk Magazin

Miniaturen des Alltags

Vorwort

„Miniaturen des Alltags” ist der Titel einer STELLWERK-Serie, die eine Reihe von Texten zu alltäglichen Beobachtungen vereint, die im Rahmen eines schreibpraktischen Seminars am Institut für deutsche Sprache und Literatur I an der Universität zu Köln entstanden sind.

Stadtpark

Ein Sommerabend im Stadtpark. Halbnackte Menschen verteilen sich über die Wiesenfläche. Fahrräder, Fußbälle, Badmintonschläger und Bierflaschen. Rechts am Rand der Wiese hat eine afrikanische Familie Bierbänke und Tische aufgestellt. Ungefähr fünfzig Personen. Vorne tummeln sich die Männer um einen riesigen Schwenkgrill, auf dem das Fleisch brutzelt. Dahinter auf den Bänken: Kleinkinder und deren verschleierte Mütter. Die Frauen schneiden Gemüse klein, während die Kinder im Galopp um die Bänke schwirren. Zwei Männer mit nacktem Oberkörper spielen links davon Fußball. Ein Ball wird zu lang und fliegt in hohem Bogen in Richtung der Frauen. Eine reagiert blitzschnell, steht auf, fängt den Ball und schießt ihn mit erstaunlicher Präzision zurück zu den Männern. Wie eine Torhüterin. Die anderen Frauen lachen, als sie zu ihrem Platz zurückkehrt. Die Torhüterin schaut verschämt aber auch ein wenig stolz. Einer der Männer ruft „Danke", während er den Ball aus der Luft fischt. Nicht mehr lange und das Essen wird fertig sein.

Das Loch

Auf dem Unicampus, direkt vor dem Philosophikum, klafft ein Loch. Es ist zwanzig Meter tief und vierzig Meter breit. Rote Holzplanken stecken seine Grenzen ab. Dahinter befinden sich weiße Kleinlaster, Bagger und blaue Baucontainer, die sich um das Loch herum gruppieren. Vor einem der blauen Container steht ein Bauarbeiter. In seiner Hand hält er eine Zigarette und blickt skeptisch gen Himmel. Es sieht nach Gewitter aus. Links neben ihm liegt ein Teil der Bezäunung. Es muss umgekippt sein und liegt vom Arbeiter unbeachtet auf der Baustelle herum. Darauf ein Plakat, das ein Festival ankündigt: Zum hundertjährigen Jubiläum der Universität werden Alice Merton, Kasalla und Brings angekündigt. Jetzt blickt der Bauarbeiter auf seinen Kollegen, der mit einem Baggerlader Steingeröll aus dem Bauschutt herraussiebt. In zwei Jahren soll hier ein Fahrradparkplatz stehen, der von über fünfzigtausend Studenten und Bediensteten genutzt werden soll. Der Arbeiter drückt seine Zigarette aus und läuft, nun mehr müde als skeptisch dreinblickend, zum Baggerlader. Der Eintritt des Festivals ist frei.